Printed 08.06.2023 07:59 17-07-2017 Pierre Meignan, Strahinja Bućan
Es ist kein Aprilscherz: Das tschechische Verfassungsgericht hat am Freitag
das Sitzen auf Treppenabsätzen, Mauern oder Rasenflächen erlaubt. Konkret
ging es um sogenannte Sitzverordnungen in einigen Gemeinden Nordböhmens,
die das Gericht nun umgestoßen hat. Denn diese sollen vor allem
diskriminierend gegen Roma gewesen sein.
Das liegt an den sogenannten Sitzverordnungen in den betreffenden Gemeinden. Sie verbieten es Menschen, auf öffentlichen Flächen zu sitzen, sofern dies nicht auf einer städtischen Parkbank geschieht. Lärm und Müll sollen dadurch vor allem vermieden werden. Und es soll positiv sein für das Zusammenleben von Roma und Mehrheitsgesellschaft, wie Josef Hambálek behauptet. Der Politiker von der Partei Ano ist stellvertretender Bürgermeister von Varnsdorf:
Dass es nicht ganz so rosig ist, beweist nicht nur die eingangs beschriebene Szene, sondern auch eine Verfassungsklage von Ombudsfrau Anna Šabatová: „Natürlich haben die Kommunen das Recht, Ordnung an öffentlichen Plätzen zu schaffen. Sie dürfen dabei aber nicht zwischen den Zeilen der bestehenden Gesetze lesen und in Grundrechte eingreifen. Das Problem in Varnsdorf und Litvínov war, dass etwas verboten wird, was flächendeckend üblich ist und an sich keinen Schaden verursacht – und zwar Sitzen.“ Das Verfassungsgericht gab dem Amt der Ombudsfrau am Freitag Recht. Die Brünner Juristen begründeten ihr Urteil dabei ganz nach den Forderungen von Anna Šabatová, Zitat:
Die betroffenen Gemeinden sind jedoch mit dem Rechtsspruch nicht wirklich einverstanden und wollen sich mit der Änderung ihrer Verordnungen Zeit lassen. Stanislav Horáček (Partei Ano) ist Bürgermeister von Varnsdorf: „Für die Bürger gibt es spezielle Plätze zum Sitzen, also Parkbänke oder Betonblöcke. Die Verordnung besagt nur, dass man nicht auf Betonabsperrungen, Mülltonnen, Zäunen oder Ähnlichem sitzen darf. Ich würde gerne wissen, was hier welche Rechte einschränkt. Die betreffenden Leute sitzen da weiterhin in großen Gruppen, trinken Alkohol, sind laut und machen Unordnung.“
„Natürlich werden wir das Urteil des Verfassungsgerichts respektieren“, so die stellvertretende Bürgermeisterin Erika Sedláčková (Kommunisten) Allerdings besteht die Frage, wie weitere Kommunen reagieren werden, die ähnliche Verordnungen in ihren Satzungen haben. Da es in der tschechischen Rechtsprechung keine Präzedenzfälle gibt, sind sie nicht an das Urteil gebunden. Copyright © Radio Praha, 1996 - 2003 |