Article from http://www.romove.cz Printed 08.06.2023 01:04
Roma-Hass als Folge einer Lüge eines Fünfzehnjährigen 28-05-2012 Marketa Kachlikova
Im April sollen mehrere Roma einen fünfzehnjährigen Jungen im
südmährischen Břeclav / Lundenburg zusammengeschlagen haben. Seine
Verletzungen waren so schwer, dass ihm eine Niere entfernt werden musste.
Das Ereignis löste Empörung aus und mehrere Tausend Leute protestierten
gegen die Roma-Minderheit auf. Nun haben die Polizeiermittlungen allerdings
ein neues Licht auf den Fall geworfen – der Junge hat gelogen.
Ende April sind Einwohner aus Břeclav zusammen mit Rechtsextremen durch
die Stadt marschiert. Der Aufmarsch richtete sich gegen Roma. Grund für
diese Allianz war die Behauptung eines 15-jährigen Jungen gewesen: Er
hatte gesagt, er sei im Zentrum von Břeclav von drei Roma brutal
verprügelt worden. Der Fall ging auch landesweit durch die Medien. Ein
prominenter Schlagersänger bot danach der Familie des Schwerverletzten
sogar eine hohe Geldsumme an.
Doch die angeblichen Täter blieben weiter unbekannt, die Polizei
ermittelte weiter. In der vergangenen Woche kam dann das überraschende
Ergebnis: Der Jugendliche hatte sich die schweren Verletzungen selbst
zugefügt, als er Altersgenossen zeigen wollte, was er sportlich drauf hat.
Bei akrobatischen Übungen stürzte er über ein Treppengeländer und fiel
eine Etage tiefer. Die Roma-Geschichte gestand er dann, habe er aus Angst
vor seiner Mutter erfunden.
Eine große Rolle in dem Fall hatten aber auch die Medien. Das sagt der
Soziologe Jakub Macek:
„Die Medien lieben einfache Schemata. Eine personalisierte
Konfliktgeschichte, die erzählt, wie jemand verletzt wurde, das ist toll
für die Medien. Noch schlimmer ist aber: Die Medien lieben einfache
Stereotype. Und ein solches Stereotyp, das in der tschechischen
Gesellschaft in seit vielen Jahren lebendig sind, ist das vom Verhalten der
Roma-Minderheit. Die Daten zeigen aber, dass Roma nur in wenigen Fällen
mit dem typischen Bild von Gewalttätern übereinstimmen.“
In der Zeit der Online-Medien sei man gezwungen, möglichst schnell die
Informationen zu verbreiten, ohne sie zu prüfen, fügt Macek hinzu.
Die Mutter des Jungen hat sich mittlerweile für den Fall entschuldigt:
„Ich bin bereit, mich bei der Roma-Minderheit, bei den Einwohnern von
Břeclav und bei allen zu entschuldigen, die der Fall berührt hat. Ich habe
mich nur als Mutter verhalten und wollte niemanden verletzen und
beschädigen.“
Der Verband der Roma in der Tschechischen Republik hat die Entschuldigung
angenommen, erwägt aber trotzdem eine Anzeige. Für diesen Montag hat der
Verband eine Sitzung nach Břeclav einberufen, um zusammen mit Vertretern
örtlicher Roma über das weitere Vorgehen zu beraten. Der Vorsitzende der
Roma-Gemeinschaft in Mähren, Karel Holomek, spricht sich für eine
Strafanzeige aus, und zwar als psychologische Unterstützung für die zu
Unrecht beschuldigten Roma der Stadt. Er würde dabei Vergehen wie die
Verbreitung falscher Tatsachen, die falsche Zeugenaussage und die
Unterstützung von Rassismus zu Geltung bringen. Zum Ergebnis einer Anklage
zeigt er sich allerdings skeptisch. Doch die Arbeit der Polizei bezeichnete
Holomek als korrekt:
„Vom Anfang an wurden die Roma nicht als Täter bezeichnet. Im
Gegenteil, man konnte zwischen den Zeilen lesen, dass die Polizei mit einer
Alternative arbeitet, die sich schließlich als richtig erwiesen hat.“
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