Regierung kauft offiziell Schweinemast in Lety
Das Gelände des ehemaligen Roma-KZ gehört nun offiziell dem Staat. Wie
geht es jetzt aber weiter?
Auf diese Unterschrift haben manche über 20 Jahre gewartet: Am Donnerstag
wurde der Kaufvertrag für die Schweinemast auf dem Gelände des ehemaligen
Roma-Konzentrationslagers in Lety unterzeichnet. 450 Millionen Kronen (17,7
Millionen Euro) kostet den Staat die Übernahme. Eine korrekte Summe sei
es, die man da ausgehandelt habe, sagte dazu Kulturminister Daniel Herman
im Oktober.
Weitere 90 Millionen Kronen (3,5 Millionen Euro) wird der Staat noch in
den Abbruch der Mast investieren müssen, bevor mit dem Bau einer
Gedenkstätte begonnen werden kann. Dies schätzte der
Wirtschafts-Staatssekretär im Kulturministerium René Schreiber gegenüber
dem Tschechischen Rundfunk. Der Gedenkort selbst dürfte dann noch weitere
20 Millionen Kronen (785.000 Euro) kosten. Schreiber sieht aber die
Möglichkeit, dafür die sogenannten EWR-Fonds zu beanspruchen.
Mit den Arbeiten könnte schon im Frühjahr begonnen werden. Jan Cech vom
Schweinemast-Betreiber AGPI bestätigte, dass die Produktion bereits jetzt
ausläuft:
„Die Schweinemast wird nun nach und nach aufgelöst, es werden seit
Oktober keine neuen Schweine mehr angeschafft. Bis zuletzt hatte der
Betrieb noch 13.000 Tiere. Deren Zeit läuft nun langsam ab, und das letzte
Schwein dürfte Ende Februar zur Schlachtung gebracht werden.“
Zur Erinnerung: Im südböhmischen Lety bestand zunächst ein
Arbeitslager, die Zwangsarbeiter wurden vor allem auf den Ländereien der
Familie Schwarzenberg eingesetzt. Die deutschen Besatzer machten daraus
später ein sogenanntes „Zigeunerlager“. Zwischen 1940 und 1943 starben
dort 327 tschechische Roma, über 500 weitere wurden nach Auschwitz
verschleppt.
Insgesamt wurden während der nationalsozialistischen Besatzung 90 Prozent
der tschechischen Roma ermordet. Jedoch vor allem in den Vernichtungslagern
außerhalb des Protektorats Böhmen und Mähren. Lety, aber auch das
südmährische Hodonín, waren vielmehr Zwischenstationen der Vernichtung.
Nach dem Krieg geriet das Roma-KZ in Vergessenheit, in den 1970er Jahren
entstand an der Stelle ein großer Schweinemastbetrieb. In den Fokus geriet
das Lager erst in den 1990er Jahren durch die Arbeit des US-Autors und
Roma-Aktivisten Paul Polansky. Er stieß in einem Archiv zufällig auf
Dokumente zu dem KZ und machte sie publik. Seitdem stritt man in der
Politik über einen Kauf des Betriebs, es fehlte jedoch stets der Wille.
Laut dem Kulturministerium soll in Kürze ein architektonischer Wettbewerb
für die Gedenkstätte ausgeschrieben werden. Dabei sollen auch die
Nachkommen der Überlebenden aktiv eingebunden werden, wie die Leiterin des
Brünner Museums für Roma-Kultur, Jana Horváthová, bestätigt. Sie hat
den Kaufvertrag für die Schweinemast im Namen der Regierung unterzeichnet:
„In einer ersten Phase wollen wir die Meinungen der Kinder und Enkel der
letzten Überlebenden hören – aber auch die Ansichten von Fachleuten und
weiteren Vertretern der Zivilgesellschaft. Dann erst können wir mit einer
genaueren Planung der zukünftigen Gedenkstätte beginnen. Allerdings sind
unsere Finanzen für die Realisierung begrenzt.“
Deshalb sieht Horváthová das Kulturministerium auch weiterhin in der
Pflicht:
„Wir müssen uns in der Sache erst einmal einen Überblick verschaffen.
Hoffentlich klappt dann alles auch mit Hilfe des Ministeriums und der
eigens dafür eingerichteten Arbeitsgruppe. Schon der Abriss der Farm wäre
für das Museum der Roma-Kultur finanziell nicht zu stemmen.“
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