Ehemaliges Roma-KZ Lety: Regierung will Schweinemast nun aufkaufen
Während der nationalsozialistischen Besatzung bestand im südböhmischen
Lety ein Konzentrationslager für Roma. Seit fast 20 Jahren wird darüber
gesprochen, dass dort eine würdige Gedenkstätte entstehen soll. Doch bis
heute entweiht eine Schweinmast den Ort. Nun hat die aktuelle tschechische
Regierung erste Schritte eingeleitet, um den Mastbetrieb aufzukaufen. So
soll ein Gutachten über den Wert des Betriebs erstellt werden.
Bereits zehn tschechische Regierungen haben sich mit der Schweinemast am
Gedenkort Lety beschäftigt. Keine schaffte bisher den Durchbruch. Auch der
aktuelle Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) klang noch im Mai 2014
nicht sonderlich optimistisch:
„Wir wollen diese Sache nicht ignorieren. Allerdings gilt, dass das
Problem in den vergangenen 20 Jahren nicht gelöst werden konnte.“
Das Roma-KZ Lety wurde im August 1942 unter deutscher Besatzung
eingerichtet, zuvor bestand dort bereits ein Strafarbeitslager. Insgesamt
327 Menschen starben unter den katastrophalen Bedingungen in Lety. Die
übrigen der mehr als 1300 Insassen wurden nach Auschwitz deportiert und
dort ermordet. Anfang der 1970er Jahre entstand dann am Ort des früheren
KZ die heutige Schweinemast.
Sie zu beseitigen, dafür setzen sich derzeit vor allem zwei
Regierungsmitglieder ein: Es sind Menschenrechtsminister Jiří Dienstbier
(Sozialdemokraten) und Kulturminister Daniel Herman (Christdemokraten). Sie
stehen in Kontakt mit den Besitzern der Schweinemastfirma.
„Wir haben bereits gewisse Verhandlungen mit ihnen geführt. Und die
Aktionäre der Firma haben der Möglichkeit zugestimmt, über einen Verkauf
der Schweinemast an den Staat zu verhandeln. Das ist ein großer
Fortschritt“, so Daniel Herman.
Der Kulturminister soll nun ein Gutachten in Auftrag geben, um den Wert
des Unternehmens zu taxieren. Darauf hat sich das Regierungskabinett am
Montag bei seiner Sitzung geeinigt.
Romaverbände beobachten die Bemühungen intensiv. Zusammen mit
Menschenrechtsaktivisten protestieren sie schon seit Jahrzehnten gegen die
industrielle Schweinezucht in Lety. Zwar ist mittlerweile in der Nähe eine
kleine Gedenkstätte entstanden, doch sie wollen einen würdigeren Ort der
Erinnerung. Čeněk Růžička leitet den Ausschuss zur Entschädigung der
Opfer des Völkermords an den Roma:
„So weit wie jetzt ist bisher noch keine Regierung gekommen. Es besteht
nun eine gewisse Hoffnung, dass diese Schande für Tschechen wie auch für
Roma verschwindet.“
Jan Čech ist stellvertretender Vorstandsvorsitzender des
Schweinemastbetriebs. Bisher hatten er und seine Partner immer gefordert,
dass anstelle des Areals in Lety an anderer Stelle ein Ersatzbetrieb
aufgebaut werden müsste. Nun sind sie zwar prinzipiell zu einem Verkauf
bereit, doch den Weg dorthin hält Čech immer noch für sehr lang:
„Zunächst müssen beide Seiten das Gutachten erst einmal einsehen und
damit auch den Preis. Erst dann lässt sich überhaupt über einen
möglichen Aufkauf unseres Betriebs verhandeln.“
Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten rund 6500 Roma in Böhmen und Mähren.
Nicht einmal ein Zehntel von ihnen hat den Porajmos überlebt, den
Völkermord an den europäischen Roma.
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