Rote Karte gegen Rassismus: Diplomaten unterstützen Roma-Fußballverein
Wie lässt sich feststellen, ob eine Minderheit auf dem Fußballplatz
diskriminiert wird? Diese Frage muss sich derzeit der tschechische
Fußballverband stellen. Ein Kreisligaverein aus dem nordböhmischen
Děčín / Tetschen wird von den Konkurrenten boykottiert. Ihr Vorwurf: die
Spieler des TJ Junior Roma seien auf dem Spielfeld zu aggressiv. Um den
Roma-Verein zu unterstützen, spielten nun Diplomaten aus aller Welt gegen
diese Mannschaft.
Immerhin 200 Fußballfans sahen sich die Partie an, die auf dem Papier
recht ungleich erschien. Acht ausländische Botschafter aus Prag, darunter
die Diplomaten aus Schweden, Norwegen, Estland und Dänemark, waren dafür
am Sonntag nach Děčín in Nordböhmen gereist. Der Ergebnis war
überraschend: Das Botschafterteam ging mit 2:0 in Führung. Nach 90
Minuten stand es 5:5 und im Elfmeterschießen gewannen die Diplomaten.
Roman Kolda vom TJ Junior Roma zollte ihnen im Anschluss seinen Respekt:
„Sie haben gut gespielt. Sie sind viel gelaufen, das haben wir nicht
erwartet. Wir dachten, dass seien ältere Herrschaften, die den ganzen Tag
nur im Büro sitzen – und nun das! Also, Hut ab.“
Zwei Mannschaften hatten sich in der noch jungen Saison geweigert, gegen
den TJ Junior Roma anzutreten und stattdessen lieber 3.000 Kronen (ca. 109
Euro) Strafe bezahlt. Als Grund nennen die Kreisligisten offenbar einen
Vorfall aus dem Jahr 2011. Ein Spiel zwischen dem FC Děčín und
Lokomotiva Děčín endete damals in einer Rauferei, die Polizei musste
eingreifen. Der FC Děčín existiert inzwischen nicht mehr, doch ein
Spieler des Vereins ist nun beim TJ Junior Roma unter Vertrag. Er heißt
Patrik Herák. Drei Jahre lang war er wegen des damaligen Vorfalls
gesperrt. Als Herák von dem Boykott erfahren hat, bot er an, nicht
anzutreten. Die Antwort der Vereine lautete, er sei nicht der Grund, dass
sie nicht spielen wollten. Genauere Auskünfte gab es nicht. Das Spiel
gegen TJ Junior Roma vom Sonntag hat die schwedische Botschafterin Annika
Jagander initiiert:
„Fußball und Sport sollten die Menschen eigentlich einander näher
bringen. Sowohl Menschen der gleichen wie auch unterschiedlicher
Nationalitäten. Dass dies auf einmal nicht mehr funktioniert, tut uns sehr
leid. Darum wollen wir dem Rassismus die rote Karte zeigen.“
Acht weitere Botschafter schlossen sich dem Benefizspiel der Schweden an,
neben den skandinavischen Ländern auch die USA und Großbritannien. Das
Spiel sei auch gut für die Diplomaten in Prag, um mehr über die
tschechische Gesellschaft zu erfahren, sagte der estnische Botschafter Stan
Schwede vor der Partie. Ihr Ziel haben die Botschafter nun erreicht, denn
das Benefizspiel hat auch in der Führungsetage des Tschechischen
Fußballverbands für Aufmerksamkeit gesorgt. Für kommenden Donnerstag
wurde eine Sitzung des Kreisverbandes in Děčín einberufen. Dann müssen
alle Vereine Stellung beziehen. Libor Šimeček ist der Vorsitzende des
Verbandes. Die Fronten scheinen momentan verhärtet, denn am Sonntag
erklärte ein weiterer Verein, nicht gegen den TJ Junior Roma spielen zu
wollen.
„Der Club aus Bynovec hat uns eine Stellungnahme geschickt. Man werde
nicht antreten, weil man Angst um die Gesundheit der Spieler habe. In der
Liga spielen 11 Teams, und fünf davon haben angekündigt, nicht gegen TJ
Roma spielen zu wollen. Die fünf anderen wollen spielen.“
Ein Ende des Konflikts scheint also vorerst nicht in Sicht. Šimeček
glaubt dennoch, dass am Donnerstag eine Lösung gefunden wird.
„Es handelt sich auf keinen Fall um Rassismus und Diskriminierung. Wir
werden die Situation klären, und alle anderen Teams werden gegen den
Verein antreten. Davon bin ich überzeugt.“
|
|