Kulturminister zum ehemaligen Roma-KZ: Angemessener Gedenkort anstatt
Schweinemast
Im südböhmischen Lety bestand während der deutschen Besatzung im Zweiten
Weltkrieg ein KZ für Roma. Über 1300 Menschen waren dort interniert,
mehrere Hundert von ihnen überlebten die Verfolgung durch die
Nationalsozialisten nicht. Anlässlich einer Gedenkfeier zur Verfolgung der
Sinti und Roma bekräftigte Kulturminister Daniel Herman die Absichten der
tschechischen Regierung, einen angemessenen Gedenkort in Lety einzurichten.
Um das Areal des einstigen Konzentrationslagers im südböhmischen Lety
schwelt ein Konflikt. Seit den 1970ern wird dort eine Schweinemast
betrieben; Roma-Vertreter und internationale Organisationen protestieren
seit Jahren gegen den unwürdigen Zustand. Nun hat sich Kulturminister
Hermann zu Wort gemeldet und Verhandlungen mit den Eigentümern der
Schweinemast angekündigt. Einen staatlichen Aufkauf der Schweinefarm hatte
Premier Sobotka noch im Mai abgelehnt, dennoch sei die Regierung seitdem
nicht untätig gewesen. Gegenüber den Inlandssendungen des Tschechischen
Rundfunks erläuterte Herman die Anstrengungen des Mitte-Links-Kabinetts:
„Ich bin sehr froh, dass der Premierminister diesen Frühling während
der Gedenkfeierlichkeiten in Lety Menschenrechtsminister Jiří Dienstbier
und mich aufgefordert hat, nach einer Lösung für den Schweinemastbetrieb
und gegebenenfalls dessen Verlegung zu suchen. Das Ziel ist es, am Ort
dieses ehemaligen Konzentrationslagers eine Gedenkstätte zu errichten,
denn der derzeitige Gedenkort befindet sich auf der einstigen
Begräbnisstätte. Natürlich müssen wir für dieses Problem eine seriöse
Lösung finden, denn die heutigen Eigentümer der Schweinemast können
zweifellos nichts dafür, dass das kommunistische Regime einst den
Gedenkort für die Unterdrückung der Roma zerstört und mit dieser
Schweinemast überbaut hat. Das heißt, wir müssen seriös verhandeln. Wir
stellen derzeit die Unterlagen zusammen, und ich denke, dass wir bald in
konkrete Verhandlungen treten können, die uns dann die weitere Richtung
zeigen.“
Herman hat selbst einen familiären Bezug zur Verfolgung von Minderheiten
im Nationalsozialismus. Sein jüdischer Großvater ist im KZ Mauthausen
umgekommen. Die Familiengeschichte prägt also auch die Sicht des Ministers
auf Lety:
„Wenn ich mir vorstelle, dass zum Beispiel am Ort des
Konzentrationslagers Mauthausen, wo mein Großvater gestorben ist, Schweine
gezüchtet würden, hielte ich das auch für sehr ungut. Ich verstehe also
die Argumente dafür, dass es nicht angemessen ist, wenn am Ort eines
ehemaligen Konzentrationslagers für Roma diese Schweinefarm steht.“
Neben Vertretern der Roma im In- und Ausland hatte 2013 auch der
Uno-Ausschuss für Menschenrechte eine Schließung der Schweinemast
gefordert. Herman betonte, wie wichtig es sei, die jahrzehntelange
Diskussion um Lety nun auch tatsächlich zu einer Lösung zu bringen. Auf
eine zeitliche Perspektive wollte er sich dabei nicht festlegen. Doch für
den Kulturminister drängt die Zeit, gerade weil die Verantwortung für die
Verbrechen in Lety auch auf tschechischer Seite zu suchen sei.
„Natürlich möchten wir, dass es während des Mandats unserer Regierung
eine Lösung gibt, denn wir fühlen uns mitverantwortlich dafür, dass es
bisher nicht dazu gekommen ist. Es ist sicherlich ein Schandfleck in der
Aufarbeitung unserer Vergangenheit. Ich denke, es ist notwendig, dass man
sich auch den schmerzlichen Momenten stellt. Und es ist notwendig daran zu
erinnern, dass dieses Lager nicht unter der Leitung der deutschen
Nationalsozialisten stand, sondern von deren tschechischen Kollaborateuren
geführt wurde. Die Aufseher waren Tschechen. Und das ist tatsächlich
unser Anteil am Holocaust an den Roma. Diesem Thema müssen wir uns
stellen“, so Herman.
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