Uno fordert von Tschechien, Schweinefarm in Lety zu schließen
Der Uno-Ausschuss für Menschenrechte hat die Tschechische Republik
aufgefordert, die Schweinefarm in Lety in Südböhmen zu schließen. Der
Mastbetrieb steht auf dem Gelände eines Konzentrationslagers für Roma aus
der Zeit der deutschen Besatzung. Tschechien solle sich mehr bemühen, die
Kultur und Geschichte der Roma zu respektieren, auch durch symbolische
Gesten, wie es die Schließung der Farm wäre, hieß am Donnerstag in Genf.
Radio Prag fasst Reaktionen aus Tschechien zusammen.
Bereits seit 20 Jahren streiten Roma-Verbände und die tschechische
Regierung um das Gelände des ehemaligen KZs. Vor Ort befindet sich eine
Gedenkstätte, viele Betroffene empfinden aber den in den 1970er Jahren
errichteten Mastbetrieb auf dem Gelände als pietätlos. Auch das
Europäische Parlament hatte die Tschechische Republik zwischen 2005 und
2008 wiederholt aufgefordert, die Schweinefarm zu schließen. Allerdings
hat die tschechische Regierung bisher nicht das nötige Geld für den Kauf
des Betriebs gefunden.
Die Regierungsbeauftragte für Menschenrechte, Monika Šimůnková, will
sich für eine Schließung einsetzen. Ihrer Aussage nach müsse Tschechien
innerhalb eines Jahres auf die Aufforderung der Uno reagieren und einen
Lösungsvorschlag bekanntgeben:
„Die Empfehlung ist verbindlich, weil sich Tschechien dem
Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte angeschlossen
hat. Auf seiner Grundlage werden diese Empfehlungen gegeben. Andererseits
gibt es leider diesbezüglich keine Sanktionsmechanismen. Der Tschechischen
Republik droht eher eine Blamage, sollte sie den Pakt nicht erfüllen.“
Begrüßt wurde die Aufforderung von Vertretern mehrerer
Roma-Organisationen hierzulande. Laut dem Vorsitzenden des Ausschusses zur
Entschädigung der Opfer des Roma-Holocaust, Čeněk Růžička, sei sie
ein weiterer Schritt nach vorne. Er mache sich aber keine großen
Hoffnungen in Bezug auf die Schließung der Schweinefarm.
„Wir begrüßen die Erklärung dieses so bedeutenden Ausschusses.
Allerdings sind wir uns sicher, dass keiner der tschechischen Politiker der
Aufforderung größere Bedeutung beimessen wird. Wäre die Erklärung mit
Sanktionen verbunden, sähe das anders aus.“
Růžička korrigierte gegenüber dem Tschechischen Rundfunk allerdings
eine Formulierung, die der Uno-Ausschuss für Menschenrechte gebraucht
hatte:
„Es tut uns ein bisschen leid, dass in der Erklärung von einem
Strafarbeitslager geschrieben wird. Es ist zwar richtig, dass es seit 1940
ein solches Strafarbeitslager an diesem Ort gab. Dieses war aber nicht nur
für Roma bestimmt. Im Jahr 1942 wurde es jedoch in ein KZ umgewandelt, und
das war ausschließlich für Roma bestimmt.“
Für die Verwaltung der Gedenkstätte ist das Kulturministerium
zuständig. Dessen Chef Jiří Balvín hält es nicht für realistisch,
dass die Schweinefarm in naher Zukunft geschlossen werden könnte. Man
hätte die Angelegenheit Anfang der 1990er Jahre lösen sollen, sagt der
Minister. Damals habe es wesentlich mehr Finanzen in der Wirtschaft
gegeben:
„Die Farm gehört einem Privatbesitzer. Der Kaufpreis beträgt rund 400
Millionen Kronen. Das ist für das Kulturministerium eine astronomische
Summe. Es ist unrealistisch und unsinnig, die Hoffnungen zu nähren, dass
sich da etwas unternehmen ließe.“
In dem KZ waren bis 1943 mehr als 1300 Roma inhaftiert. Über 300 Menschen
starben dort, weitere 500 Roma wurden von Lety nach Auschwitz transportiert
und dort umgebracht. Das Mahnmal für die Opfer des Roma-Holocaust ist nur
durch eine Baumreihe von der Schweinefarm getrennt.
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