Starke Abneigung gegen Roma bei tschechischen Schülern
Eine Studie unter tschechischen Schülern im Alter zwischen 12 und 15
Jahren hat Unschönes zu Tage gefördert: Ein Drittel der Befragten will
nicht mit einem Roma befreundet sein, und 40 Prozent würden sogar aktiv an
einem Marsch gegen Roma teilnehmen. Ein weiteres, weniger überraschendes
Ergebnis war, dass die Schüler Konformität schätzen.
Die Forscher wollten herausfinden, wie die tschechischen Schüler
Verschiedenartigkeit aufnehmen. Es ging um die Reaktionen der Jungendlichen
auf andere Ethnien, andere Hautfarben, aber auch auf anderes Aussehen und
anderes Verhalten. Befragt wurden dazu 1744 Schüler aus 39 Schulen
außerhalb Prags. Um ihre Haltungen möglichst objektiv einschätzen zu
können, kam unter anderem das Spiel Multipolis zum Einsatz. Bohumil
Kartous ist Sprecher der Firma Scio. Sie hat die Untersuchung
durchgeführt:
„Multipolis ist ein Spiel, das auf vielen verschiedenen Spielfiguren
basiert, aus denen die Schüler eine auswählen können. Im Rahmen dieser
Auswahl kommt es dann zum Aufbau verschiedener Beziehungen und zum Lösen
einiger Probleme. Dabei können die Schüler lernen, wie es ist, aus einer
anderen Ethnie oder einer anderen Kultur zu kommen.“
Bei der Studie ging es aber nicht nur darum, sich in andere Personen
hineinzuversetzen. Den Schülern wurden auch konkrete Fragen und Aufgaben
gestellt. Besonders interessant seien Fragen zu Roma gewesen, meint
Kartous:
„Auf die Frage, wie viele Schüler aktiv einen Anti-Roma-Aufmarsch
unterstützen würden, sind wir auf die für mich überraschende Zahl von
40 Prozent gekommen. Im Gegensatz dazu haben nur etwa acht Prozent offen
erklärt, sich gegen einen solchen Marsch auszusprechen. Wenn man das auf
eine gängige Schulklasse von 30 Kindern umrechnet, würden zwölf für
einen solchen Aufmarsch sein und nur zwei dagegen. Ich fürchte, es würde
dadurch zu einer Spirale des Schweigens kommen. Die offene Unterstützung
der Aktion wäre so groß, dass die Minderheit unter dem Druck der Mehrheit
einfach Angst hätte, ihre Meinung zu äußern.“
Schuld an einer solch intoleranten Haltung der Schüler sei aber nicht nur
die Schule, sondern vor allem die Familie. Die dort kolportierten Meinungen
würden die Kinder natürlich mit in die Schule nehmen. Aber auch die
Medien spielten eine große Rolle, so Kartous:
„Wir haben ein Experiment gemacht: Ein Teil der Schüler sollte zuerst
einen seriösen Zeitungsartikel über eine Straftat lesen, ein anderer Teil
der Schüler bekam zuerst einen Artikel über dieselbe Straftat aus einer
Boulevardzeitung, in dem Roma als Täter bezeichnet wurden. Sehr
interessant war, dass 62 Prozent der Schüler angegeben haben, sie hätten
aus dem Boulevardartikel mehr Informationen erhalten. Interessant war auch,
dass 23 Prozent jener Schüler, die den seriösen Artikel zuerst gelesen
haben, trotzdem sofort geglaubt haben, die Täter seien Roma gewesen. Das
spiegelt das Vorurteil wieder, dass Roma Straftäter sind.“
Die Schüler sollten auch bestimmen, wie sie sich einen idealen Freund
vorstellen. Dazu konnten sie aus einer Reihe von Bildern und Beschreibungen
auswählen. Das Ergebnis war, dass die meisten Jugendlichen sich gegen
Menschen mit anderer Hautfarbe, gegen Übergewichtige und gegen Streber
entschieden. Am wichtigsten war den Befragten also möglichst wenig
Abweichung von der Norm: Der ideale Freund sollte weder zu schlau noch zu
dumm und weder zu traurig noch zu fröhlich sein. Durchschnitt und
Konformität stehen also für die Schüler an erster Stelle - wenig
überraschend.
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