Gedenken in Lety – Premier erinnert an tschechische Mitverantwortung
Am Montag fand in Lety bei Písek eine kleine Zeremonie statt. Im Jahr 2012
jährt sich nämlich zum 70. Mal die Umwandlung des Arbeitsstraflagers Lety
in ein Konzentrationslager für Roma. Premier Petr Nečas legte als erster
tschechischer Regierungschef einen Kranz am Gedenkstein für die Opfer des
Roma-Holocaust nieder und hielt eine Ansprache. Die Aktion war aber
umstritten, denn Nečas wählte einen eigenen Termin für das Gedenken.
„Niemals wieder dürfen wir zulassen, dass der Rassenwahn unser Leben
beherrscht. Das schulden wir dem Andenken der Toten, die in dieser
Begräbnisstätte liegen. Das schulden wir auch ihren Nachfahren, unseren
Roma-Mitbürgern, mit denen wir die gleichen demokratischen Werte
teilen.“
Es regnete am Montag, als Premier Petr Nečas unter großer Beteiligung
der Presse, aber geringer Beteiligung von Roma-Verbänden seine Rede hielt.
Kritik hatte der Regierungschef für den Termin seiner Kranzniederlegung
einstecken müssen, denn am offiziellen Gedenktag der Roma-Verbände am 13.
Mai waren weder er noch sonstige Regierungsmitglieder erschienen. Čeněk
Růžička ist Vorsitzender des Ausschusses zur Entschädigung der Opfer
des Roma-Holocaust:
„Wir haben entschieden, den Gedenkakt am 13. Mai zu veranstalten. Und es
wird dieser Tag bleiben, an dem wir unsere Gedenkakte in Lety veranstalten.
Ich kenne keinen Fall, in dem zum selben Anlass zwei Gedenkfeiern
stattfinden: eine von den Hinterbliebenen und eine vom Regierungsamt oder
von ich weiß nicht wem.“
Harte Kritik, dabei hatte sich der Premier etwas gedacht mit dem Termin:
Er wollte darauf hinweisen, dass es am 10. Juli 1942 die
Protektoratspolizei war, die den Holocaust an den Roma mit einem Erlass
eingeleitet hatte. In seiner Rede ging er dann auch explizit auf die
Mitschuld der Tschechen ein:
„Die Opfer kamen hier nicht in Gaskammern um, sie starben hauptsächlich
an Typhus, an der Ruhr, an Hunger und an Erschöpfung. Diese Bedingungen
entstanden durch Gewalt und Böswilligkeit der Nazis, aber auch durch die
Tätigkeit der Protektoratsbehörden, durch die Protektoratspolizei und die
Protektoratsgendarmerie, also durch Tschechen. Die Ereignisse vor 70 Jahren
sollten uns daher eine Lehre sein.“
Einige Vertreter von Roma-Organisationen hatten bereits im Vorfeld
angekündigt, die Aktion des Premiers zu boykottieren. Grund ist die
Schweinefarm, die sich noch immer auf dem Areal des ehemaligen KZ befindet.
Wenn die Regierung die Opfer ehren wolle, müsse sie schnellstmöglich die
Schweinefarm auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers kaufen
und abreißen lassen. Premier Nečas lehnte die Forderung aber ab:
„Ich verstehe die Sensibilität des Themas. Ich sage aber ganz offen,
dass wir die Mittel dafür im derzeitigen Haushalt nicht haben. Ich möchte
das hier auch nicht schönfärben.“
Ähnliches hatte der Premier bereits 2010 verlauten lassen, als die
Gedenkstätte nach langen Querelen endlich eröffnet wurde. Damals
begegneten die Kommentatoren seiner Aussage mit schwarzem Humor: Nečas sei
immerhin der erste Premier, der offen zugebe, kein Interesse am Kauf der
Farm zu haben.
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