Schwere Krawalle bei Demonstration gegen Roma in Nordböhmen
Nordböhmen kommt derzeit nicht zur Ruhe. Auch an diesem Wochenende hatte
die rechtsextremistische Arbeiterpartei mehrere Demonstrationen angemeldet.
Die Situation im Schluckenauer Zipfel ist zugespitzt, seit es zu
Übergriffen von Roma gekommen war. Bürger und Lokalpolitiker sind
empört, die Rechtsextremisten sehen die Möglichkeit, Stimmung zu machen,
und die Regierung in Prag schickt die Bereitschaftspolizei.
Am Samstag artete eine Demonstration in Varnsdorf / Warnsdorf in wilden
Krawallen mit der Polizei aus. Die Demonstranten bewarfen die Polizisten
mit Steinen und Flaschen, die Beamten antworteten mit Knüppeln und
Wasserwerfern. Die rechtsextremistische „Arbeiterpartei der sozialen
Gerechtigkeit“ hatte für Samstag die Demonstration angemeldet, und
Extremisten aus Tschechien sowie aus Deutschland waren angereist. Die
Situation eskalierte, als der Demonstrationszug von seiner Route abwich und
in Richtung eines Wohnheims zog, in dem Roma leben. An einer Brücke über
einen Bach hatte die Polizei einen Sperrriegel errichtet und trieb die
Menschen zunächst mit einem Wasserwerfer und anschließend mit berittener
Polizei auseinander.
„Die erste aggressive Welle von Menschen, die die Polizisten angriffen,
Feuerwerkskörper zündeten und dann in Gewahrsam genommen wurden, sind
Menschen aus anderen Teilen der Republik, nicht aus dem Schluckenauer
Zipfel. Das war für mich eine positive Nachricht, da es zeigt, dass die
Bevölkerung hier nicht auf der Seite der Arbeiterpartei steht.“
Diese Wertung von Innenminister Kubice geht aber über die Tatsache
hinweg, dass den Rechtsextremisten eine Menge folgte, die sich
hauptsächlich aus örtlicher Bevölkerung zusammensetzte. Aufnahmen des
Tschechischen Fernsehens zeigen eine entfesselte Menge, aus der einige
rassistische Parolen gerufen wurden. Aber gerade die örtliche Bevölkerung
hat den harten Einsatz der Polizei kritisiert. Es seien schließlich auch
Kinder in dem Demonstrationszug gewesen. Innenminister Kubice verteidigte
den Einsatz:
„Was die Polizei dort gemacht hat, war das letzte Mittel. Am Einsatz von
Gewalt hat niemand Freude, das ist immer problematisch. Letztlich war er
aber leider notwendig.“
Es gab aber auch vereinzelt Menschen, die vor Gewalt und Rassismus
warnten. In Nový Bor fand eine Gegendemonstration der Initiative „Gewalt
ist keine Lösung“ statt, an der auch der Senator der Partei Top 09,
Jaromír Štětina, und der Vorsitzende der Grünen, Ondřej Liška,
teilnahmen. Ein Vertreter der Initiative sagte dem Tschechischen Fernsehen
gegenüber, dass sich die Lage verschlimmere, weil die Extremisten die
Situation für ihre Zwecke ausnutzen. Dieser Meinung war auch ein junger
Mann, der in Varnsdorf einen angereisten Extremisten beschimpfte:
„Völlig unnötig sind dort Steine geflogen. So kommt es nur zu weiterer
unnötiger Gewalt, Ihr seid nur wegen der Reporter hier. Und du willst
Zigeuner erschlagen!“
Die Spannungen im Schluckenauer Zipfel haben sich nach gewalttätigen
Zwischenfällen in den vergangenen Wochen verschlimmert. Mehrere Roma
hatten eine Kneipe überfallen und auf eine Gruppe Jugendliche
zusammengeschlagen. Schon seit mehreren Jahren warnen die Lokalpolitiker
vor steigenden Spannungen, da immer mehr Roma in den Schluckenauer Zipfel
ziehen und die Kriminalität steige. Eine vernünftige Lösung für die
wenig integrierten Roma ist aber noch nicht in Sicht.
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