Suchen
2.4.2023
NACHRICHTEN

GESCHICHTE

TRADITIONEN, KULTUR

RADIO PRAG








Česky English Deutsch Francais
Die Mehrheit der Tschechen will nicht mit Roma in einem Land leben
15-12-2010 - Christian Rühmkorf
Vier von fünf Tschechen betrachten Roma als eine nichtanpassungsfähige Minderheit. Das geht hervor aus der aktuellen Stem-Umfrage, die das Innenministerium in Auftrag gegeben hatte. Probleme im Zusammenhang mit der Roma-Minderheit gelten danach als Hauptgrund für Rechtsextremismus im Lande. Acht Prozent der Bevölkerung würden ihre Stimme einer rechtsradikalen Partei geben.

Die Mehrheit der Tschechen möchte nicht mit Roma in einem Land zusammen leben. Eine langfristig äußerst negative Haltung gegenüber Roma haben laut der aktuellen Stem-Umfrage 85 Prozent der Menschen.

Das sei für einen Soziologen eine drastische Zahl. Das seien im Grunde alle Bürger, sagt Jan Hartl, der Direktor des Meinungsforschungsinstituts Stem:

Jan Hartl „90 Prozent der Menschen geben – ob es stimmt oder nicht – hinsichtlich der Roma an, dass sie von persönlichen Erfahrungen ausgehen oder von Erfahrungen ihres familiären Umfeldes. Aber auch wenn das ein Vorurteil ist und also nicht der Wahrheit entspricht, dann ist es doch ernst zu nehmen, da man das schwer ändern kann.“

Je mehr direkte Erfahrungen ein Tscheche mit der Roma-Minderheit hat, desto häufiger ist er überzeugt, dass Roma nicht anpassungsfähig sind. Das ist ein wesentliches Ergebnis der Studie, das auf den ersten Blick zu belegen scheint, dass längst nicht nur Vorurteile, sondern auch Primärerfahrungen zu dieser Haltung der Mehrheitsgesellschaft führen.

„Antiziganistische Haltungen sind in der tschechischen Gesellschaft vor allem sozial verankert. Das hängt damit zusammen, dass die tschechische Öffentlichkeit Roma mit mangelnder Anpassungsfähigkeit, Kriminalität und dem Missbrauch von Sozialleistungen verbindet“, sagt Stem-Mitarbeiter František Bartoš.

80 Prozent der Befragten meinen, dass Roma laut und gewalttätig seien. Untersuchungen über den Anteil von Roma an allen begangenen Straftaten gibt es indes nicht. Dass Roma diskriminiert werden, glaubt hingegen nur ein Fünftel der Tschechen. Und über 30 Prozent von ihnen sind überzeugt, dass sich die Situation im Zusammenleben nicht bessert, weil der Sozialstaat ein inakzeptables Verhalten der Roma unterstütze. Selten würden Strafen auferlegt, selbst die Polizei und die Beamten hätten Angst vor Racheakten, glaubt jeder fünfte Tscheche. Innenminister John:

Radek John (Foto: Kristýna Maková) „Für die Polizei bedeutet das, in die Roma-Gemeinschaften hineinzugehen und ohne Rücksicht darauf vorzugehen, wen es trifft. Das Recht muss überall durchgesetzt werden, egal, ob es ein Stadtteil ist, wo Reiche oder Arme leben, eine Minderheit oder die Mehrheitsgesellschaft. Das ist unsere Aufgabe. Ansonsten ist es am wichtigsten, eine gesellschaftliche Diskussion anzustoßen und die Dinge zu benennen, vor denen wir Angst haben, sie beim Namen zu nennen. Wir haben uns zunächst damit zufrieden gegeben, dass der Kampf gegen den Extremismus in den letzten zwei Jahren sehr erfolgreich war. Wir haben die Demonstrationen aus den Straßen verbannt, aber das Geflecht darunter ist grauenvoll.“

Nach Ansicht des Innenministers hätten aber auch die Eltern aus der Roma-Minderheit die Pflicht, mit ihren Kindern über das Problem zu sprechen. Die tschechische Gesellschaft sei nicht rassistisch, heißt es in der Studie, sie sei vielmehr nationalistisch. Tschechen sehen die Roma in ihrem Land aus Ausländer, nicht als Mitbürger.

Und so passt es auch, wenn auf der schwarzen Minderheiten-Liste der Tschechen gleich hinter den Roma die Drogensüchtigen, die Skinheads, die Anarchisten und die Muslime kommen. Das beste Verhältnis haben Tschechen zur slowakischen Minderheit und zu Körperbehinderten.



Artikel zum Thema
DatumÜberschriftRubrik
02.07.2018Drei tschechische Teams bei Fußballbegegnungsfest in LeipzigNachrichten
29.05.2018Verdrängt und geleugnet: das Schicksal der RomaNachrichten
06.04.2018Roma werden bei der Arbeitssuche diskriminiertNachrichten
07.02.2018Okamura unter Druck wegen Äußerungen zu KZ LetyNachrichten
17.01.2018Rassenhass – salonfähig seit 1990?Nachrichten
24.10.2017Bereit zur Übergabe der GeschäfteNachrichten
01.08.2017Ehemaliges Roma-KZ Lety: Grünes Licht für Aufkauf des MastbetriebsNachrichten
17.07.2017Endlich sitzen bleiben: Verfassungsgericht kippt diskriminierende VerordnungenNachrichten
30.05.2017Selbstbewusstsein und gute Nachrichten – Internationaler Tag der Roma in TschechienNachrichten
Alle Artikel zum Thema
Artikel
Zum Druck formatieren
Als E-mail versenden

Eine Auswahl aus den vorangegangenen Beiträgen der Rubrik "Nachrichten"
02.07.18  Drei tschechische Teams bei Fußballbegegnungsfest in Leipzig
29.05.18  Verdrängt und geleugnet: das Schicksal der Roma
06.04.18  Roma werden bei der Arbeitssuche diskriminiert
07.02.18  Okamura unter Druck wegen Äußerungen zu KZ Lety
17.01.18  Rassenhass – salonfähig seit 1990?
27.11.17  Regierung kauft offiziell Schweinemast in Lety
07.11.17  Uno: Tschechien muss schleichendem Anstieg von Hass begegnen
24.10.17  Bereit zur Übergabe der Geschäfte
01.08.17  Ehemaliges Roma-KZ Lety: Grünes Licht für Aufkauf des Mastbetriebs
17.07.17  Endlich sitzen bleiben: Verfassungsgericht kippt diskriminierende Verordnungen
Archiv

Meistgelesene Artikel
54360   26.02.00 Geschichte und Herkunft der Roma
51276   26.02.00 Die traditionelle Lebensart der Roma
49240   26.02.00 Traditionelle Berufe der Roma
46991   26.02.00 Familie
44584   26.02.00 Jugend
38755   26.02.00 Kindheit
37164   26.02.00 Erwachsenenalter
36835    Geschichte der Roma auf dem Gebiet der Tschechischen Republik
33022   26.02.00 Die Situation der Roma nach 1989
32249   26.02.00 Alter
Copyright © Český rozhlas / Czech Radio, 1997-2023
Vinohradská 12, 120 99 Praha 2, Czech Republic
E-mail: info@romove.cz