Die Mehrheit der Tschechen will nicht mit Roma in einem Land leben
Vier von fünf Tschechen betrachten Roma als eine nichtanpassungsfähige
Minderheit. Das geht hervor aus der aktuellen Stem-Umfrage, die das
Innenministerium in Auftrag gegeben hatte. Probleme im Zusammenhang mit der
Roma-Minderheit gelten danach als Hauptgrund für Rechtsextremismus im
Lande. Acht Prozent der Bevölkerung würden ihre Stimme einer
rechtsradikalen Partei geben.
Die Mehrheit der Tschechen möchte nicht mit Roma in einem Land zusammen
leben. Eine langfristig äußerst negative Haltung gegenüber Roma haben
laut der aktuellen Stem-Umfrage 85 Prozent der Menschen.
Das sei für einen Soziologen eine drastische Zahl. Das seien im Grunde
alle Bürger, sagt Jan Hartl, der Direktor des Meinungsforschungsinstituts
Stem:
„90 Prozent der Menschen geben – ob es stimmt oder nicht –
hinsichtlich der Roma an, dass sie von persönlichen Erfahrungen ausgehen
oder von Erfahrungen ihres familiären Umfeldes. Aber auch wenn das ein
Vorurteil ist und also nicht der Wahrheit entspricht, dann ist es doch
ernst zu nehmen, da man das schwer ändern kann.“
Je mehr direkte Erfahrungen ein Tscheche mit der Roma-Minderheit hat,
desto häufiger ist er überzeugt, dass Roma nicht anpassungsfähig sind.
Das ist ein wesentliches Ergebnis der Studie, das auf den ersten Blick zu
belegen scheint, dass längst nicht nur Vorurteile, sondern auch
Primärerfahrungen zu dieser Haltung der Mehrheitsgesellschaft führen.
„Antiziganistische Haltungen sind in der tschechischen Gesellschaft vor
allem sozial verankert. Das hängt damit zusammen, dass die tschechische
Öffentlichkeit Roma mit mangelnder Anpassungsfähigkeit, Kriminalität und
dem Missbrauch von Sozialleistungen verbindet“, sagt Stem-Mitarbeiter
František Bartoš.
80 Prozent der Befragten meinen, dass Roma laut und gewalttätig seien.
Untersuchungen über den Anteil von Roma an allen begangenen Straftaten
gibt es indes nicht. Dass Roma diskriminiert werden, glaubt hingegen nur
ein Fünftel der Tschechen. Und über 30 Prozent von ihnen sind überzeugt,
dass sich die Situation im Zusammenleben nicht bessert, weil der
Sozialstaat ein inakzeptables Verhalten der Roma unterstütze. Selten
würden Strafen auferlegt, selbst die Polizei und die Beamten hätten Angst
vor Racheakten, glaubt jeder fünfte Tscheche. Innenminister John:
„Für die Polizei bedeutet das, in die Roma-Gemeinschaften hineinzugehen
und ohne Rücksicht darauf vorzugehen, wen es trifft. Das Recht muss
überall durchgesetzt werden, egal, ob es ein Stadtteil ist, wo Reiche oder
Arme leben, eine Minderheit oder die Mehrheitsgesellschaft. Das ist unsere
Aufgabe. Ansonsten ist es am wichtigsten, eine gesellschaftliche Diskussion
anzustoßen und die Dinge zu benennen, vor denen wir Angst haben, sie beim
Namen zu nennen. Wir haben uns zunächst damit zufrieden gegeben, dass der
Kampf gegen den Extremismus in den letzten zwei Jahren sehr erfolgreich
war. Wir haben die Demonstrationen aus den Straßen verbannt, aber das
Geflecht darunter ist grauenvoll.“
Nach Ansicht des Innenministers hätten aber auch die Eltern aus der
Roma-Minderheit die Pflicht, mit ihren Kindern über das Problem zu
sprechen. Die tschechische Gesellschaft sei nicht rassistisch, heißt es in
der Studie, sie sei vielmehr nationalistisch. Tschechen sehen die Roma in
ihrem Land aus Ausländer, nicht als Mitbürger.
Und so passt es auch, wenn auf der schwarzen Minderheiten-Liste der
Tschechen gleich hinter den Roma die Drogensüchtigen, die Skinheads, die
Anarchisten und die Muslime kommen. Das beste Verhältnis haben Tschechen
zur slowakischen Minderheit und zu Körperbehinderten.
|