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„Für Neonazis ist der Boden in Tschechien heiß geworden“
02-11-2010 - Patrick Gschwend
Die rechtsextremistische Szene in Tschechien sei „in Passivität erstarrt“. Das schreibt der tschechische Geheimdienst BIS in seinem Quartalsbericht zum Thema Extremismus. Zeigen die Maßnahmen der tschechischen Regierung im Kampf gegen den Rechtsextremismus Wirkung? Wie gefährlich sind die Rechtsextremisten hierzulande noch? Darüber hat Radio Prag mit Miroslav Mareš gesprochen, dem Extremismusexperten von der Masaryk-Universität in Brno / Brünn.

Protestversammlung der Arbeiterpartei (Foto: ČTK) Herr Mareš, der BIS schreibt in seiner Nachricht, dass die Tätigkeit der Rechtsextremisten in Tschechien stagniert, dass sie zum Beispiel kaum noch Konzerte veranstalten. Ist das auch Ihr Eindruck, dass die Szene sozusagen in der Versenkung verschwindet. Sind die Rechtsextremisten in Tschechien nicht mehr so gefährlich wie früher?

„Wir beobachten derzeit ein relativ niedriges Niveau der Aktivitäten der rechtsextremen Szene, das heißt, im Vergleich mit dem letzten oder dem vorletzten Jahr ist es wirklich niedrig. Andererseits: Diese Szene existiert, und man kann auch neue gefährliche Tendenzen innerhalb der Szene sehen. Aber das sind nicht so stark politische Tendenzen wie in den letzten Jahren oder wie in der letzten Dekade.“

Miroslav Mareš Der BIS schreibt ja auch, dass die Rechtsextremisten sich jetzt mehr auf das Internet verlagern. Was passiert dort im Internet? Wie nutzen die Rechtsextremisten dieses Medium?

„Die neuen sozialen Netzwerke sind sehr wichtig für den Extremismus, zum Beispiel Facebook. Dort gibt es viele rechtsextremistische Seiten und Diskussionen. Die Rechtsextremisten nutzen das Internet auch für ihre politische Agitation unter der Bevölkerung. Die Rechtsextremisten versuchen im Internet neue Mitglieder und Sympathisanten zu gewinnen, besonders im Bezug auf ihre Anti-Roma-Propaganda, auf diesen ‚Antiziganismus’. Und dieser ‚Antiziganismus’ ist in der tschechischen Bevölkerung sehr stark.“

Es gibt noch eine weitere Tendenz, die der BIS aufführt, nämlich, dass viele tschechische Rechtsextremisten ins Ausland fahren, nach Polen oder nach Ungarn, um dort etwa Konzerte zu besuchen. Ist da ein Erfolg der Maßnahmen der tschechischen Regierung im Kampf gegen den Extremismus zu sehen? Es wurde ja unter anderem die rechtsextreme Arbeiterpartei verboten. Ist der Boden in Tschechien mittlerweile so heiß geworden, dass die Extremisten auf das Ausland ausweichen?

„Ja, das kann man – im Vergleich zu den 90er Jahren – sagen. Jetzt ist Tschechien ein Land, in dem der Boden für den internationalen Extremismus wirklich heiß ist. Und deshalb versuchen die tschechischen Rechtextremisten in die Staaten zu fahren, wo die militante Demokratie nicht so stark und so hart wie in Tschechien ist.“

Ist es zu erwarten, dass die Rechtsextremisten in Tschechien auch wieder ihre Aktivitäten auf der Straße verstärken? Oder müssen wir mit einer ganz neuen Strategie rechnen?

„Ich denke, die ganze Szene wartet jetzt auf die Ergebnisse der Prozesse, die derzeit gegen verschiedene Rechtsextremisten wegen Propaganda- und Gewaltdelikten geführt werden. Die extremistische Szene befindet sich sozusagen in Wartestellung. Sie wartet auch auf die Erfolge oder Misserfolge der neuen Regierung im Bezug auf die wirtschaftliche Krise. Jetzt ist die Szene relativ ruhig, aber die Militanten haben einige hundert Sympathisanten und Mitglieder. Und diese Neonaziszene wartet jetzt ab, was die Zukunft bringt.“



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