Stadt Brünn kürzt Sozialleistungen: „Schickst du deine Kinder nicht in die Schule, zahlst du drauf“
Wie kann man Eltern aus Problemfamilien dazu bringen, ihre Kinder in die
Schule zu schicken? Vor dieser Frage stehen Jugendämter und Sozialarbeiter
in Tschechien immer wieder. Zu drastischen Maßnahmen greift nun der
Stadtbezirk Brno-střed / Brünn-Mitte: Wer die Schulpflicht missachtet,
muss mit empfindlichen Kürzungen der Sozialhilfe rechnen. Sozialarbeiter
signalisieren ihre Unterstützung für das Vorhaben.
Der Stadtteil Brünn-Mitte gilt in der mährischen Metropole als
Problembezirk. In den heruntergekommenen Altbauten wohnen zumeist sozial
ausgegrenzte Menschen. Viele davon sind Angehörige der Roma-Minderheit,
die meisten leben von Sozialhilfe und haben oft hohe Mietschulden.
Bezirksbürgermeister Libor Šťástka von der Demokratischen Bürgerpartei
ODS sind diese Zustände schon längere Zeit ein Dorn im Auge. Ein
besonderes Problem sei auch die Hohe Zahl von Schulschwänzern, sagt der
Politiker im Gespräch mit Radio Prag:
„Uns ist jetzt der Geduldsfaden gerissen. Wir sind der Meinung, dass man
sozial unangepasste Eltern nicht finanziell unterstützen kann, wenn sie
ihre Kinder anstatt in die Schule auf die Straße schicken, wo diese
stehlen und Alkohol und Drogen konsumieren. Das geht nicht!“
Bisher ist fünf Familien die Sozialhilfe um einige Tausend Kronen im
Monat gekürzt worden. Insgesamt bearbeite allein der Stadtbezirk
Brünn-Mitte pro Jahr Dutzende Fälle von systematischem Schulschwänzen.
Unterstützung im kampf gegen die Missachtung der Schulpflicht erfährt
Bürgermeister Šťástka von der Nichtregierungsorganisation IQ Roma
Servis, deren Sozialarbeiter sich um die Probleme der Roma-Familien in
Brünn kümmern:
„Wenn die Schulpflicht kontrolliert wird und daran auch bestimmte
finanzielle Zuwendungen des Staates gebunden sind, dann ist das in Ordnung.
Das Ziel dieser Maßnahmen muss aber sein, die Kinder in der Schule zu
halten und ihnen so eine bessere Ausbildung zu ermöglichen, damit sie
später bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben“, sagte die Leiterin
von IQ Roma Servis, Katarína Klamková, gegenüber Radio Prag.
Bürgermeister Šťástka sieht die nun eingeleiteten Maßnahmen aber nur
als erste Stufe im Kampf gegen das Schulschwänzen. Er will noch einen
Schritt weiter gehen:
„Meine persönliche Meinung ist, dass man die Sozialleistungen nicht nur
teilweise streichen sollte. In Zukunft muss die einfache Formel gelten:
‚Schickst du deine Kinder nicht in die Schule, bekommst du keinen
Heller’.“
Katarína Klamková von der Organisation IQ Roma Servis warnt allerdings
vor allzu harten Sanktionen:
„Wichtig ist auf jeden Fall, dass die Stadt mit den Sozialarbeiten vor
Ort zusammenarbeitet. Die müssen beobachten, welche Auswirkungen die
Kürzung der finanziellen Mittel hat. Man muss sichergehen, dass die Kinder
nicht darunter leiden. Wenn man den Leuten zuviel wegnimmt, dann können
sie womöglich ihre Miete nicht zahlen und sie verlieren ihre Wohnung. Und
darunter leiden dann wieder die Kinder am meisten.“
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