Menschenrechtsbeauftragter Kocáb geht – aber nur unter Bedingungen
Geht er oder geht er nicht? Diese Frage stellt sich in den letzten Tagen
zum Menschenrechtsbeauftragten der Regierung, Michael Kocáb. Es kam
darüber sogar zu einem Streit zwischen Kocáb und Premier Nečas, der
über die Medien ausgetragen wurde. Der Regierungschef war danach genervt
und sagte, der Menschenrechtsbeauftragte solle ihm bloß nicht mehr unter
die Augen kommen. Mittlerweile hat Kocáb seinen Rücktritt eingereicht –
aber unter einer Bedingung.
Der Menschenrechtsbeauftragte hat mit heiklen Themen zu tun. Immer wieder
geht es zum Beispiel um die Stellung der Roma in der tschechischen
Gesellschaft. Als einer der Erfolge in den gut anderthalb Amtsjahren setzte
Michael Kocáb durch, dass sich die Regierung offiziell bei jenen
Roma-Frauen entschuldigte, die in den 90er Jahren zwangssterilisiert
wurden. Kritiker werfen dem 56-jährigen, ehemaligen Rockmusiker Kocáb
indes vor, insgesamt aber nicht viel bewirkt zu haben. Trotzdem überstand
der der von den Grünen nominierte Minister den Regierungswechsel im
vergangenen Jahr und eine Affäre mit der Sprecherin seines Amtes. Ende
August dieses Jahres traf sich der neue Premier Petr Nečas mit Kocáb. Der
Menschenrechtsbeauftragte soll im Laufe des Gesprächs seinen Rücktritt
angeboten haben. Eine Woche später stritt Michael Kocáb dieses
Rücktrittsangebot allerdings ab. Premier Nečas war erbost:
„Wir hatten uns geeinigt, dass Herr Kocáb seinen Rücktritt anbietet.
Ich halte die jetzige Lage aus menschlicher Sicht für sehr unwürdig. Ich
wundere mich, dass Herr Kocáb mit so etwas kommt. Er muss doch wissen,
dass unter diesen Umständen unsere Zusammenarbeit im Regierungsamt nicht
fortgesetzt werden kann.“
Nečas lehnte ab, sich mit Kocáb noch einmal zu dem Thema zu treffen. Er
schickte stattdessen seinen politischen Berater Roman Joch vor, einen
aalglatten Neokonservativen. Das war die Retourkutsche an Kocáb: Joch
hatte zuvor verkündet, dass das Amt des Menschenrechtsbeauftragten
eigentlich überflüssig sei. Am vergangenen Wochenende trafen Joch und
Kocáb in einer Talksendung des Tschechischen Fernsehens aufeinander. Doch
oh Wunder: Dort fanden beide eine Annäherung, und Berater Joch
verkündete:
„Meiner Einschätzung nach wird das Amt nicht abgeschafft, sondern
erhalten. Es gehört zu jenen Ämtern, deren Ratschläge nützlich sein
können.“
Bei dem Fernsehgespräch fielen sogar die Namen möglicher Nachfolger.
Darauf schickte Kocáb dann einen Brief an Premier Nečas, in dem er nun
offiziell seinen Rücktritt anbot. Allerdings stellte der
Menschenrechtsbeauftragte eine Bedingung: Zuvor müsse ein Nachfolger
gefunden werden, wie Kocáb am Donnerstag erläuterte:
„Wenn jemand auftaucht, der fähig und willens ist, das Amt aus meinen
Händen zu übernehmen, werde ich nicht im Weg stehen. Entweder trete ich
dann selbst zurück oder lasse mich vom Kabinett abberufen, das ist egal.
Für mich ist entscheidend, dass jemand das Aufgabengebiet übernimmt.“
Kocáb wirft der Regierung indes vor, sich nicht für Menschenrechtsfragen
zu interessieren. Bei der Kabinettssitzung am Mittwoch wurde sein Anliegen
übergangen. Premier Nečas fand, es gebe Wichtigeres zu tun.
|