Neues Comic-Buch: Drei Roma erzählen ihre Lebensgeschichte
Die tschechische Comic-Szene ist dieser Tage um eine besondere Publikation
reicher geworden. Auf der Basis von Fotos und authentischer Audioaufnahmen
ist die originelle Comic-Trilogie „O přibjehi“ (Geschichten)
entstanden, deren Haupthelden drei Roma sind. Der Dreiteiler aus der Feder
des Autorentrios Markéta Hajská, Máša Bořkovcová a Vojtěch Mašek
hat großes Aufsehen erregt - vorläufig nur in den Medien.
Ferko, Keva und Albína - ein Mann und zwei Frauen, die den einzelnen
Teilen der Comic-Trilogie ihre Namen gegeben haben - erzählen ihre
jeweilige Lebengeschichte aus dem Roma-Milieu. Es geht um authentische
Persönlichkeiten, die unterschiedlichen sozialen Schichten sowie
unterschiedlichen Gruppen der Roma-Minderheit in Tschechien und in der
Slowakei entstammen.
Ferko ist mit 60 Jahren der Älteste. Er vermittelt einen Einblick in die
Welt, in der „ein gutes Wort mehr bedeute als Diamanten“. Seine
Erzählung spielt unter anderem in Schweden, wo ein Teil seiner Familie
lebt. Gegenüber dem Tschechischen Fernsehen sagte Ferko:
„Das sind Cousinen und Cousins, aber auch Roma von hier –
charakterfest und ehrenhaft.“
Das Mosaik von Erinnerungen, Reflexionen und Wünschen der 20-jährigen
Keva hat einen gemeinsamen Nenner: das Bemühen, vom gesellschaftlichen
Rand wegzukommen:
„Man gab mir ein Thema und ich habe erzählt. Es wurde aufgenommen, dann
verschriftlicht und gezeichnet. Einige Fotos habe ich selbst geschossen“,
so Keva.
Die Autoren haben auch die Endfassung der Texte oder Zeichnungen mit Keva
konsultiert, und so ist sie im gewissen Sinn zur Koautorin geworden.
Die 40-jährige Albína hat einen Großteil ihres Lebens in
ostslowakischen Roma-Siedlungen verbracht. Die Comic-Geschichte beginnt
1998, als es in der Ostslowakei ein verheerendes Hochwasser gab. Albína
lebte damals mit ihrem Mann und sieben Kindern in Hermanovce. Heute lebt
sie mit dem Anthropologen und Sozialarbeiter Karel zusammen, der im Dorf
bei den Aufräumarbeiten nach dem Hochwasser half:
„Ich war eine …na ja, vielleicht nicht direkt misshandelte Frau. Aber
ich hatte einen Ehemann, der mich prügelte. Ähnlich betroffenen Frauen
möchte ich sagen, sie sollen sich dies nicht gefallen lassen.“
Diese Art von Comics auf Dokumentar-Basis stecken in Tschechien im
Unterschied zu anderen Ländern immer noch in den Kinderschuhen. Warum man
kein klassisches Buch mit Geschichten aus dem Leben der Roma geschrieben
hat, erklärt die Autorin Markéta Hajská:
„Das Medium Comic ermöglicht nicht nur durch die Sprache, sondern auch
durch Bilder einen Einblick in das Ambiente, in dem sich die einzelnen
Geschichten abspielen. In unseren Comics kann man zum Beispiel sehen, wie
Roma-Dörfer aussehen oder welche Grimassen die Protagonisten schneiden.“
Und einen weiteren Vorteil hat der Comic: Er spricht auch junge Leserinnen
und Leser an, die kaum nach einem klassischen Buch zur Roma-Problematik
greifen würden.
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