Erneut Brandanschlag auf Roma-Familie
Vor fast einem Jahr, im April 2009, wurde eine dreiköpfige Roma-Familie im
mährisch-schlesischen Vítkov Opfer eines Brandanschlages. Ein
zweijähriges Mädchen erlitt schwerste Verbrennungen. Sie rang Monate lang
mit dem Tod und wird ihr Leben lang auf medizinische Hilfe angewiesen sein.
Die tschechische Öffentlichkeit war geschockt. Wie erst am Montag bekannt
wurde ereignete sich am frühen Sonntagmorgen ein ähnlicher Anschlag in
der Großstadt Ostrava / Ostrau, etwa 30 Kilometer von Vítkov entfernt.
Verletzt wurde jedoch zum Glück niemand.
Es war gegen drei Uhr Morgens, als die 14-jährige Sabina Podraná aus dem
Schlaf gerissen wurde. Ein unbekannter Attentäter hatte einen
Molotow-Cocktail in ihr Elternhaus im Ostrauer Stadtteil Bedřiška
geworfen.
„Ich habe so einen Gestank gerochen und dann die brennende Flasche auf
dem Fußboden entdeckt“, erzählte die 14-Jährige. Sie konnte den
Brandsatz sofort löschen, da die Flasche wie durch ein Wunder beim
Aufprall nicht zersprungen war – zum Glück für die siebenköpfige
Familie.
„Das Holzhaus wäre in Flammen aufgegangen. Die Bewohner hätten dabei
großen Schaden erleiden können“, beschreibt Radovan Vojta, der Chef der
Ostrauer Kriminalpolizei, im Amts-Tschechisch das mögliche
Schreckensszenario.
Bisher haben Vojta und seine Kollegen keine konkreten Hinweise auf den
oder die Täter; Augenzeugen gab es nicht. Auch was das mögliche Motiv
angeht, tappt die Polizei im Dunkeln. Die Betroffenen gehören zwar – wie
die Opfer des Anschlags von Vítkov – der tschechischen Roma-Minderheit
an. Der Polizeichef von Ostrau, Tomáš Landsfeld, will sich aber bislang
nicht an Spekulationen über einen rassistischen Hintergrund des Anschlags
beteiligen:
„Diesen Anschlag hätte jeder verüben können. Die Siedlung Bedřiška
gehört in Ostrau zu den problematischen Gegenden. Hier leben soziale
Randgruppen, und das bringt natürlich bestimmte Probleme im Zusammenleben
mit sich.“
Die Polizei hat eine Sonderkommission gegründet und ermittelt in
sämtliche Richtungen. Zudem wurden die Sondereinheit zur Aufdeckung des
organisierten Verbrechens und der Geheimdienst um Hilfe gebeten. Kritik
entzündet sich allerdings daran, dass der Fall bisher nur als allgemeine
Bedrohung und nicht als versuchter Mord eingestuft wird.
Nach dem Täter wird auch unter den Bewohnern von Bedřiška selbst
gesucht, zumal der Anschlag im Herzen der Siedlung stattfand. Die
betroffene Roma-Familie gab jedoch an, mit niemandem ernste Probleme zu
haben. Ludmila Podraná, die Mutter, ist ratlos:
„Warum? Es ist schrecklich. Ich habe Kinder, ich habe Enkel, ich habe
Angst! Ich bin doch noch zu jung zum Sterben. Ich habe niemandem etwas
getan.“
Wer oder was auch immer hinter dem Brandanschlag steckt: Premier Jan
Fischer verurteilte die Tat am Montag aufs Schärfste:
„Inakzeptabel, erschütternd, wahnsinnig. Das sind Aktionen, die in
einer normalen Gesellschaft nichts zu suchen haben.“
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