EU-Studie: Tschechische Roma fühlen sich im Vergleich am häufigsten diskriminiert
Die tschechischen Roma fühlen sich so sehr diskriminiert wie keine andere
Minderheit oder Migrantengruppe in Europa. Dies hat eine Studie der
EU-Grundrechte-Agentur FRA zur Lage europäischer Minderheiten ergeben. In
den EU-Staaten wurden sowohl Minderheiten wie Roma befragt, aber auch
Migranten beispielsweise aus Afrika oder der Türkei.
Die Zahlen der Studie sprechen eine klare Sprache: 64 Prozent, anders
gesagt: zwei von drei Roma in der Tschechischen Republik fühlen sich
diskriminiert. Jo Goodey hat die Studie der europäischen Agentur FRA
geleitet:
„Wir haben für die Studie insgesamt 23.000 Menschen in der ganzen EU
befragt und das für neun Bereiche des täglichen Lebens. In Tschechien
sagte eine Mehrheit der Roma, dass sie sich bei der Arbeitssuche
diskriminiert fühlt. Das waren in den vergangenen zwölf Monaten insgesamt
54 Prozent der Befragten. 30 Prozent fühlten sich diskriminiert, wenn sie
in ein Café, ein Restaurant oder eine Bar gingen. Und 27 Prozent sagten,
sie fühlten sich in der Arbeit diskriminiert.“
Es ist die erste Umfrage von diesem Umfang über Minderheiten in der EU.
Um die anhaltende Diskriminierung der Roma im Land weiß man bei der
tschechischen Regierung durchaus. Doch zum Teil seien die Ergebnisse auch
verzerrt, meint Gabriela Hrabaňová vom Rat der tschechischen Regierung
für die Roma-Minderheit:
„Wir sind uns dessen bewusst, dass die Lage der Roma in der
Tschechischen Republik nicht zu den besten gehört. Roma werden hierzulande
weiter diskriminiert und die gesellschaftliche Ausgrenzung hat sich in den
letzten zehn Jahren eher verstärkt. Was den tatsächlichen Lebensstandard
der Roma angeht, steht Tschechien im europäischen Vergleich indes sicher
nicht an letzter Stelle.“
Gabriela Hrabaňová weist vor allem auf die Slowakei und Rumänien hin.
Dort gibt es Roma-Siedlungen fernab der Städte ohne fließend Wasser oder
elektrischen Strom. Umso erstaunlicher deswegen, dass Roma in der Slowakei
und Rumänien sich deutlich weniger über Diskriminierung beklagen.
Gabriela Hrabaňová versucht eine Erklärung:
„Die Menschen bei uns wissen, was Diskriminierung bedeutet. Weil bei uns
sehr viel darüber gesprochen wird, erkennen Roma, welches Verhalten zum
Beispiel von Behörden oder Einzelpersonen diskriminierend ist. Es gibt
eine große Zahl von Organisationen, die auffordern, sich nicht zu
fürchten und Fälle von Diskriminierung zu melden, mit dem Versprechen,
dies an die zuständigen Stellen weiterzuleiten. Es gibt also ein
Bewusstsein der Roma für Diskriminierung. Aber sie treffen weiterhin auf
den Unwillen der anderen Seite, sich mit diesen Fällen zu
beschäftigen.“
Dieses Missverhältnis führt zu einem weiteren Ergebnis der Studie: Nur
eine Minderheit der tschechischen Roma beschwert sich wirklich bei den
zuständigen Stellen. Im Falle einer Diskriminierung bei der Arbeitssuche
war dies jeder fünfte Roma. Damit steht Tschechien im Vergleich zu anderen
EU-Ländern aber immer noch ein wenig besser da.
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