Seit etwa zwei Monaten wird in Tschechien darüber spekuliert, dass Kanada
für tschechische Staatsbürger wieder die Visumpflicht einführen könnte.
Grund: Immer mehr Menschen, vor allem Roma, verlassen das Land in Richtung
Kanada und suchen dort um Asyl an, Kanada möchte die Notbremse ziehen.
Für Tschechien ist das keine verlockende Perspektive, denn die neuen
bürokratischen Hürden würden die Reisefreiheit für Bürgerinnen und
Bürger des Landes de facto einschränken. Nun sieht es jedoch so aus, als
würde eine solche Entscheidung der Behörden in Ottawa doch nicht
unmittelbar bevorstehen. Gerald Schubert hat die aktuelle Entwicklung
verfolgt.
„Dieser Optimismus beruht auf Äußerungen des tschechischen
Außenministers Jan Kohout in einer Fernsehsendung am Sonntag. Kohout hat
dort gesagt, es gebe derzeit keine Indizien dafür, dass Kanada die
Visumpflicht einführen will. Das hieße noch nicht, dass das auch so
bleibe. Aber dass Kanada die Sache nun offenbar noch mal überdenken will,
hält Kohout schon für ein gutes Verhandlungsergebnis. Man sieht also: Im
Hintergrund wurde zwischen Prag und Ottawa intensiv verhandelt, aber
derzeit will sich niemand zu weit aus dem Fenster lehnen. Es bleibt bei
eher vorsichtigen Andeutungen, wenngleich auf einer wichtigen Plattform.
Denn die Fernsehsendung, in der Kohout das gesagt hat, gilt als wichtiger
Seismograph für das, was in Tschechien passiert.“
„Als Grund geben die Roma an, in Tschechien diskriminiert zu werden.
Bestimmt ist in den letzten Monaten der Druck hier gestiegen. Ich erinnere
etwa daran, dass es in der jüngsten Vergangenheit zu Aufmärschen von
Rechtsextremen in vorwiegend von Roma bewohnten Vierteln kam, teilweise
auch zu gewaltsamen Übergriffen gegen Roma. Zur Größenordnung: Im Jahr
2008 und in den ersten vier Monaten des Jahres 2009 haben etwas mehr als
2500 Tschechinnen und Tschechen in Kanada um Asyl angesucht. Erst 334
Anträge sind bearbeitet worden, die meisten davon wurden übrigens
abgelehnt. Umgekehrt muss man aber sagen, dass auch Tschechien ein Asylland
ist. Seit der Wende des Jahres 1990 wurden hierzulande fast 90.000
Asylanträge gestellt.“