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Roma-Redakteurin des Tschechischen Rundfunks bittet in Kanada um Asyl
04-06-2009 - Patrick Gschwend
Tschechische Roma-Organisationen haben Angehörige ihrer Volksgruppe in den letzten Monaten mehrfach zur Emigration nach Kanada aufgerufen. Schon über 650 tschechische Roma haben im ersten Quartal dieses Jahres dort einen Asyl-Antrag gestellt. Das sind mehr als zwei Drittel als im gesamten Jahr 2008. Nun erregt ein prominenter Fall die Aufmerksamkeit der tschechischen Medien. Zu Beginn der Woche hat Anna Poláková, die leitende Redakteurin der Roma-Sendungen des Tschechischen Rundfunks, in Kanada um Asyl ersucht - für sich und sechs weitere Familienmitglieder.

Anna Poláková Damit hatten die Vorgesetzten Anna Polákovás nicht gerechnet: Am 2. Juni erhielten sie eine Email aus Kanada, in der die leitende Redakteurin der Roma-Sendungen über ihren Schritt informierte. Dabei stellte die 41-Jährige klar:

„Die Entscheidung in Kanada einen Asylantrag zu stellen, hat nichts mit meiner Arbeit im Tschechischen Rundfunk zu tun, sondern mit den wiederholten Angriffen auf meine Familie und der Radikalisierung der tschechischen Gesellschaft.“

Angriffe von Extremisten auf Roma haben sich in Tschechien in den letzten Monaten gehäuft. Laut Poláková sei ihre Familie schon vor Jahren zur Zielscheibe geworden. Auf der Straße wurden ihre Tochter und ihr Ehemann bedroht, und vor kurzem erst ihre Enkelin. Sogar in die eigene Wohnung in Prag-Libeň seien Angreifer eingedrungen. Und sämtliche Vorfälle seien bis heute nicht aufgeklärt worden, so Poláková. Vor mehreren Jahren wurde auch Anna Polákovás Sohn Marek Opfer eines Angriffs von Skinheads:

„Ich hatte eine Verletzung am Kopf, die mit einigen Stichen genäht wurde, und Prellungen am ganzen Körper. Ich dachte ich würde sterben an diesem Tag. Das sah wirklich so aus.“

Marek Polák Rechtzeitig eintreffende Polizisten konnten Schlimmeres verhindern. Die vier Angreifer wurden zu Schadensersatzzahlungen von umgerechnet etwa 4000 Euro verurteilt. Damit begannen weitere Probleme, wie die Nachrichtenchefin des Tschechischen Rundfunks, Hana Hikelová, erklärt:

„Die Familie wurde ziemlich massiv erpresst, denn die Täter wollten das Geld zurück haben. Übrigens sind zwei von ihnen dem Gerichtsurteil nicht nachgekommen und haben bis heute nicht bezahlt. Im Grunde begannen also mit diesem Angriff die ganzen Schwierigkeiten von Anna Polákovás Familie.“

In einer Pressemitteilung drückte der Tschechische Rundfunk am Mittwoch die Abscheu gegenüber dem steigenden Extremismus hierzulande aus. Poláková will man bei juristischen Schritten unterstützen, um die zahlreichen Angriffe auf ihre Familie aufzuklären. Mit der Redakteurin selber stehe man derzeit aber nur per Email in Kontakt, sagte Nachrichtenchefin Hikelová:

„Bis zum 18. Juni hat sie regulären Urlaub. In einer Email hat sie bei mir unbezahlten Urlaub von einem halben Jahr beantragt, den sie selbstverständlich bekommt.“

Fotos: Jana Šustová



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