Wahlspot-Affäre: Rechtsextreme Nationalpartei will Europawahl annullieren lassen
Die Nationalpartei hatte in ihrem Wahlspot für die Europawahl zur
„Endlösung der Zigeunerfrage“ aufgerufen. Die Parteienreklame wurde
aus den Programmen der öffentlich-rechtlichen Stationen herausgenommen.
Nun will die Nationalpartei die Ergebnissen der Europawahlen in Brüssel
anzweifeln.
„Ich habe mich sofort entschlossen, den Spot abzusetzen. Ich übernehme
dafür persönlich die Verantwortung“, hatte vergangene Woche der
Generaldirektor des Tschechischen Fernsehens, Jiří Janeček gesagt.
Am Mittwochabend war der Wahlspot der rechtsextremen Nationalpartei zum
ersten und letzten Mal ausgestrahlt worden. Er propagierte wörtlich die
„Endlösung der Zigeunerfrage“. Zwar wurde der Chef des Tschechischen
Fernsehens von den Grünen scharf kritisiert, dass er den Spot überhaupt
gesendet hat. Quer durch das politische Spektrum fand die Absetzung der
Parteienreklame jedoch Zustimmung. Auch zwei Drittel aller Bürger halten
den Schritt für richtig.
„Ich bin mit dem Ergebnis, das der Spot gebracht hat, sehr zufrieden“,
sagte hingegen die Vorsitzende der Nationalpartei, Petra Edelmannová, im
Tschechischen Fernsehen. Durch die Absetzung des Spots habe man sogar eine
noch breitere Wirkung erzielt, als gedacht.
Die Nationalpartei hat nun angekündigt, einen neuen Wahlspot zu
produzieren. Gegen die Absetzung des alten Wahlspots will die Partei nicht
gerichtlich vorgehen. Sie hat sich ein größeres Ziel gesteckt: Die
Nationalpartei will die Europawahlen im Nachhinein insgesamt anzweifeln, da
ihre Wahlspots nicht gesendet wurden. Die Forderung nach Annullierung der
Wahl soll direkt auf den Schreibtischen in Brüssel landen.
Polizei und Behörden sind oft ratlos, wie sie dem wachsenden Extremismus
in Tschechien begegnen sollen. Gerade am Wochenende sind über 40 Anhänger
der rechtsextremen Arbeiterpartei vorübergehend festgenommen worden. Sie
wollten ungenehmigt vor dem Tschechischen Rundfunk aufmarschieren. Denn der
hatte am Donnerstag auch die Wahlspots der Arbeiterpartei abgesetzt.
„Was einige dieser Parteien veranstalten, das bewegt sich in der Tat an
der Grenze des Erlaubten. Und es ist sehr schwer zu beweisen, ob es zu
einer Straftat gekommen ist oder nicht“, beklagt Pavel Reich von der
Anti-Extremismus-Abteilung der Tschechischen Polizei.
Das Innenministerium prüft nun erneut ein Verbot der Nationalpartei und
der Arbeiterpartei. Drei Viertel aller Bürger unterstützen eine
Auflösung aller rassistisch orientierten Parteien. Der Politologe und
frühere Extremismus-Sachverständige Miroslav Mareš meint jedoch, dass
die Politik am falschen Ende anpackt:
„Die Regierung sagt immer wieder, dass die Bekämpfung des Extremismus
für sie Priorität hat. Aber wenn wir uns nur einmal die finanziellen
Mittel anschauen, die in die Extremismus-Forschung gesteckt werden, dann
kann man ganz klar sagen: Das hat keine Priorität.“
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