Steigende Zahl von tschechischen Roma sucht um Asyl in Kanada an
Tschechische Roma suchen weiterhin Zuflucht in Kanada. 570 Asylanträge
sind im Januar und Februar 2009 gestellt worden, 84 davon haben die
kanadischen Behörden bewilligt. Die kanadische Botschaft Prag zeigt sich
besorgt. Denn Medienberichten zufolge soll es nicht nur die Bedrohung durch
Rassismus und Rechtsextremismus sein, was die Roma zur Auswanderung
veranlasst. Auch Geschäftemacherei soll damit verbunden sein.
Asyl beantragen als Bürger eines EU-Landes? In Tschechien sehen noch immer
Menschen Grund dazu. Sie sind Angehörige der Minderheit der Roma. In den
letzten Tagen ist die wachsende Zahl der Asylanträge nach Kanada in den
Blickpunkt geraten. Rassische Diskriminierung ist jedoch nicht immer der
einzige Grund für die Auswanderung, wie auch Ivan Veselý von der
Roma-Vereinigung Dženo einräumt:
„Bei vielen Roma ist das Gefühl der Bedrohung berechtigt. Und das ist
oft der Grund auszureisen oder um Asyl in Kanada anzusuchen. Andererseits
gibt es auch eine zweite, kleine Gruppe von Roma, die wir
‚Wirtschaftsspekulanten’ nennen, und diese wandern aus ökonomischen
Gründen aus.“
Tschechischen Medienberichten zufolge werde die Auswanderung der Roma oft
von Vermittlern organisiert, die von Kanada aus operieren und dabei
kräftig abkassieren. Die kanadische Botschaft in Prag ist alarmiert. 1997
war wegen der hohen Zahl der Asylanträge die Visapflicht für tschechische
Staatsbürger eingeführt und erst zehn Jahre darauf wieder abgeschafft
worden. Michal Vlček von der kanadischen Botschaft in Prag:
„Die kanadische Regierung möchte den visafreien Reiseverkehr mit der
Tschechischen Republik gerne aufrechterhalten. Wir beobachten die wachsende
Zahl der Asylanträge aber aufmerksam.“
Trotz der Geschäftemacherei und den Wirtschaftsflüchtlingen gebe es
anderseits in Tschechien noch erhebliche Defizite bei der Integration der
Roma in die Mehrheitsgesellschaft, meint Roma-Aktivist Veselý:
„Die berufliche Qualifizierung der Roma muss gefördert und
Arbeitsplätze für sie müssen geschaffen werden. Es muss aber auch für
mehr Sicherheit gesorgt werden. Es ist wichtig, dass die Regierung das
Integrationsprogramm für die Roma nach und nach umsetzt.“
Handlungsbedarf leugnet auch der Minister für Menschenrechte und
nationale Minderheiten, Michael Kocáb, nicht. Jedoch müssten sich alle
Bürger dem Problem stellen:
„Die Politik allein kann dieses Problem nicht lösen. Eine breite
Öffentlichkeit muss bei Übergriffen auf Roma Solidarität bekunden und
guten Willen zeigen. Sonst könnte der Extremismus jetzt in der
Wirtschaftskrise noch weiter zunehmen.“
Die Anzeichen für eine Verschärfung des Extremismus mehren sich in der
letzten Zeit. In der Nacht auf Sonntag hatten unbekannte Täter im
nordmährischen Vítkov das Haus einer Roma-Familie in Brand gesteckt. Ein
zweijähriges Mädchen erlitt dabei lebensgefährliche Verletzungen.
|