Rechtsradikale liefern sich Straßenschlacht mit Polizei - Anwohner applaudieren
Rechtsextremisten warfen Brandsätze und Pflastersteine. Schwerbewaffnete
Polizeieinheiten reagierten mit Wasserwerfern und Tränengas.
Bürgerkriegsähnliche Zustände herrschten gestern im nordböhmischen
Litvínov, als etwa 600 Rechtsradikale mit etwa 1000 Polizisten aneinander
gerieten. Patrick Gschwend berichtet.
Die Auseinandersetzungen, die sich am Montagnachmittag am Rande eines
Protestmarsches von Rechtsradikalen gegen die örtliche Roma-Minderheit
abspielten, waren die schwersten Krawalle in Tschechien seit acht Jahren.
Die Bilanz: sieben verletzte Polizisten, sieben verletzte Rechtsradikale.
15 Radikale wurden verhaftet. Tomáš Vandas, Vorsitzender der
rechtsradikalen Arbeiterpartei, sagte, dass der Marsch ordnungsgemäß
angemeldet wurde. Für Organisatoren des Marsches trägt die Polizei die
Schuld an der Eskalation. Der Chef der örtlichen Polizei, Vladimír
Danyluk, weist den Vorwurf entschieden zurück:
„Ich bin davon überzeugt, dass das Vorgehen der Polizeieinheiten im
Einklang mit dem Gesetz stand. Für den Marsch der Extremisten war eine
vorher festgelegte Route vorgesehen. Diese Route haben sie nicht
eingehalten. Sie haben versucht in die Siedlung Janov zu gelangen. Und das
mussten die Polizisten verhindern.“
In Janov bestehen seit längerer Zeit Probleme zwischen Angehörigen der
Roma-Minderheit mit übrigen Bewohnern der Plattenbausiedlung. Einwohner
von Janov fühlen sich durch die Roma bedroht, die angeblich Passanten
ausrauben und Leute auf dem Weg zur Arbeit verspotten. Bereits mehrfach
sind nun schon martialisch gekleidete Rechtsradikale in Bomberjacken und
Springerstiefeln durch Janov marschiert und haben sich dabei
Auseinandersetzungen mit Roma oder Polizisten geliefert. Sie reisten aus
ganz Tschechien an. Am Montag sollen sogar Gesinnungsgenossen aus
Deutschland am Aufmarsch beteiligt gewesen sein. Als Ziel bezeichnen ihre
Vertreter wörtlich „die Lösung der Roma-Frage“.
Laut dem Politologen und Extremismusforscher Zdeněk Zbořil ist den
Polizisten kein Vorwurf zu machen. Das Zusammenleben der
Bevölkerungsgruppen funktioniert in Janov nicht. Die Situation ist
festgefahren. Zbořil weiß auch keinen Rat an die politisch
Verantwortlichen, zumal Bewohner der Siedlung die Rechtextremisten geradezu
herbeirufen.
„Der Grund ist, dass die Probleme in Litvínov, genauer in Janov, nicht
lösbar sind. Dort standen Bewohner und haben den Extremisten applaudiert.
Bei der Aktion am Montag haben sie sogar die Polizisten beschimpft und
attackiert.“
Die Vorfälle am Montag in Litvínov befeuern allerdings nun wieder
Diskussionen über ein mögliches Verbot der rechtsradikalen
Arbeiterpartei. Dies fordert Innenminister Ivan Langer. Tschechische
Rechtsexperten sind aber skeptisch über die Erfolgsaussichten eines
Verbotsverfahrens.
Zweieinhalb Stunden nach Beginn der gewalttätigen Auseinandersetzungen in
Litvínov kehrte bei Einbruch der Dunkelheit wieder Ruhe auf den Straßen
ein. Vorerst. Denn Lösungen, wie ein friedliches Zusammenleben von Roma
und den übrigen Einwohnern gestaltet werden könnte, hat bislang niemand.
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