Roma-Minderheit: Čunek fordert Regierungsprogramm und EU-Gelder für seinen Plan
Er kann es nicht lassen – Jiří Čunek und Roma. Wann immer sich der
Christdemokraten-Chef über die Roma-Minderheit äußert, fängt er sich
harsche Kritik ein. Dabei ist sich Čunek sicher, dass er es doch nur gut
meint. Wie zuletzt vor einer Woche, als der ehemalige Vizepremier
umstrittene Vorschläge für die Integration der Roma in die Gesellschaft
präsentierte. Am Sonntag hat Čunek nun gefordert, seine Ideen mit Hilfe
von EU-Geldern in einem Regierungsprogramm umzusetzen.
Es ist gerade mal eine Woche her, da stand der Christdemokraten-Chef Jiří
Čunek (KDU-CSL) abermals im Rampenlicht der Öffentlichkeit und zwar mit
dem Thema, das ihn bereits zu Beginn seiner politischen Karriere einer
breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht hat: die Roma-Minderheit und ihre
Stellung in der Gesellschaft. „Die traditionelle Roma-Kultur und ihr
Wertesystem stehen bei einer Reihe von Beispielen im Widerspruch zu den
verbrieften Grundrechten und Grundfreiheiten in diesem Staat“, hatte
Jiří Čunek vor einer Woche auf einer Parteikonferenz gesagt. Außerhalb
seiner Partei erntete er dafür massiv Kritik. Vor allem von grünen
Spitzenpolitikern. Gegenüber dem Tschechischen Rundfunk bemühte er sich
die Wogen zu glätten:
„In der Roma-Kultur gibt es viele positive Sachen, konkret auch in den
Roma-Familien. Denn die Art des Familienlebens bei den Roma gibt ihnen
Zusammenhalt, verhindert Scheidungen und ähnliches. Das ist positiv.“
Und hier ist schon das ABER angelegt: Es gebe auch negative Dinge, fuhr
Čunek fort, und die seien keine Angelegenheit einer einzelnen Familie aus
Mann, Frau und Kindern, sondern:
„Es sind gerade die Großfamilien, das heißt die Cousins, die
Verwandtschaft, mit anderen Worten die Sippen-Kultur. Und die führt dazu,
dass die Individualität des Einzelnen unterdrückt wird. Diese Kultur hat
einige Prinzipien, die dazu führen können, dass – wie die
EU-Kommissarin sagt, die ich zitiert habe – Grundrechte verletzt
werden.“
Die Politologin Edita Stejskalova, selbst Angehörige der Roma-Minderheit,
reagierte im Tschechischen Rundfunk auf Čuneks Ausführungen:
„Mich befremdet es, dass Čunek immer wieder mit irgendeiner Äußerung
kommt, die dann durch alle Medien wandert. Dann korrigiert er sie wieder
oder entschuldigt sich für sie. Zum Beweis der Richtigkeit seiner
Behauptungen bezieht er sich auf Spitzenpolitiker wie die EU-Kommissarin
und auf Äußerungen von Roma selbst. Er ist eben ein ausgezeichneter
Populist und politischer Spieler.“
Čunek möchte die Clan-Siedlungen der Roma zerstreuen, so dass Roma nicht
mehr als 10 Prozent der Gesamtbevölkerung in einem Wohnviertel ausmachen.
Dafür, so sein neuer Vorschlag, solle ein offizielles Regierungsprogramm
verabschiedet werden, für das EU-Gelder beantragt werden können. Die
zuständige Ministerin für Menschenrechte und Minderheiten, Džamila
Stehlíková, sagte, es handle sich bei Čuneks Vorstellungen um kein
ausgearbeitetes Programm. Jetzt sei es an der Zeit, sagte die Ministerin,
die Sache den Experten zu überlassen und verwies auf die von der Regierung
geplante Agentur, die sich auch um die Beschaffung finanzieller Mittel
bemühen würde. Die Zuschauer, die Čuneks Beiträge zur sonntäglichen
Diskussionsrunde im TV-Sender Prima verfolgt haben, stimmten ihm übrigens
mit großer Mehrheit zu. 96 Prozent hielten in der anschließenden
Abstimmung Čuneks Äußerungen für richtig.
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