Suchen
28.9.2023
NACHRICHTEN

GESCHICHTE

TRADITIONEN, KULTUR

RADIO PRAG








Česky English Deutsch Francais
Herunterspielen, leugnen: rassistische Äußerungen einer Senatorin ohne Konsequenzen
18-07-2007 - Till Janzer
Es ist nicht der erste Fall dieser Art und es wird auch nicht der letzte sein. Tschechische Politiker haben sich schon häufiger so geäußert, dass sich Roma rassistisch verunglimpft fühlen. Es sei nur Vizepremier Jiri Cunek genannt und ganz aktuell die parteiunabhängige Senatorin Liana Janackova aus Ostrau / Ostrava.

Liana Janackova (Foto: CTK) Wäre Liana Janackova eine Politikerin gemäßigter Worte, würde sie derzeit nicht im Rampenlicht stehen. Doch vor etwa einem Jahr soll die Senatorin und Bürgermeisterin des Ostrauer Stadtteils Marianske Hory a Hulvaky bei einer Sitzung des Wohnungsausschusses wörtlich gesagt haben: "Leider bin ich Rassistin und stimme nicht mit der Integration von Zigeunern überein." Diese und weitere Äußerungen sind auf einer Tonbandaufnahme zu hören, die vor kurzem aufgetaucht ist.

Vertreter der tschechischen Roma und Politiker sind seitdem aufgebracht, zu allem Überfluss ist Liana Janackova auch noch die Vizevorsitzende des Senatsauschusses für Menschenrechte. Doch die Senatorin behauptet, dass die Aufnahme manipuliert worden sei. So sagt sie:

"Dass ich zum Beispiel gesagt habe ´Soll ich etwa Dynamit nehmen und sie in die Luft jagen?´ ist die Reaktion auf die Aufforderung, etwas an der derzeitigen Lage zu ändern. Also habe ich mit den Worten reagiert: ´Ja soll ich denn Dynamit nehmen und sie in die Luft sprengen?´"

Die Parallelen zu ähnlichen Fällen in Tschechien sind offensichtlich: Die Politiker selbst reagieren, indem sie ihre Äußerungen erst einmal herunterspielen oder leugnen. In vielen anderen Ländern würden sie gar nicht erst gefragt: Sie müssten einfach ihren Hut nehmen, sobald nur der Verdacht des Rassismus entsteht. In Tschechien sticht zudem hervor, dass zudem die betroffenen politischen Gremien, also die Hausparteien der Politiker und bei Janackova der Senat beziehungsweise bei Cunek die Regierung, nicht in der Lage sind, eine Entscheidung zu fällen. So haben am Dienstag die Europäischen Demokraten, die Janackova in den Senat nominiert hatten, zwar die Äußerungen der Politikerin als nicht angemessen verurteilt, aber von ihr keine Konsequenzen verlangt. Verständlich wäre dies, wenn man gesagt hätte, man wolle erst einmal wissen, ob die Aufnahmen überhaupt authentisch sind. Doch die Europäischen Demokraten argumentieren, sie wollten erst einmal nach Ostrau fahren, um vor Ort die Lage der Roma zu erkunden.

Kumar Visvanatan Und was machen Polizei und Staatsanwaltschaft? Gerade hier liegt ein weiteres Problem: Die Exekutive ist immer noch ausgesprochen schwach in Tschechien. Im Fall Janackova wird sie erst jetzt und aufgrund einer Anzeige aktiv werden, die Roma-Vertreter zusammen mit dem ehemaligen Menschenrechtsbeauftragten Petr Uhl erstatten wollen. Der Bürgeraktivist Kumar Visvanatan von der Organisation "Gemeinsames Zusammenleben" aus Ostrau meint dazu:

"Ich hätte vorausgesetzt, dass die Staatsanwaltschaft wie in anderen Ländern sofort, wenn sie so etwas hört, aus eigener Initiative Untersuchungen einleitet. Das sollte nicht erst von Nichtregierungsorganisationen kommen."

Alles in allem muss daraus für die Öffentlichkeit der Eindruck entstehen, dass rassistische Äußerungen in Tschechien eben zum so genannten Lokalkolorit gehören.



Artikel zum Thema
DatumÜberschriftRubrik
17.01.2018Rassenhass – salonfähig seit 1990?Nachrichten
28.08.2015(Keine) Realität für Roma – Urteil gegen Diskriminierung auf dem WohnungsmarktNachrichten
22.09.2014Rote Karte gegen Rassismus: Diplomaten unterstützen Roma-FußballvereinNachrichten
16.03.2010Erneut Brandanschlag auf Roma-FamilieNachrichten
18.02.2010Nach Verbot der Arbeiterpartei wird über Bedeutung des Urteils diskutiertNachrichten
21.08.2009Russische Spione und ungarische VerhältnisseNachrichten
17.08.2009Vier Monate nach Brandanschlag: Opfer Natálka dank Ärzten am Leben, aber vor weiteren OperationenNachrichten
14.08.2009Brandanschlag auf Roma-Familie: Polizei forscht Täter ausNachrichten
14.08.2009Polizei verdächtigt vier verhaftete Rechtsextremisten des Brandanschlags auf eine Roma-Familie in VítkovNachrichten
Alle Artikel zum Thema
Artikel
Zum Druck formatieren
Als E-mail versenden

Eine Auswahl aus den vorangegangenen Beiträgen der Rubrik "Nachrichten"
02.07.18  Drei tschechische Teams bei Fußballbegegnungsfest in Leipzig
29.05.18  Verdrängt und geleugnet: das Schicksal der Roma
06.04.18  Roma werden bei der Arbeitssuche diskriminiert
07.02.18  Okamura unter Druck wegen Äußerungen zu KZ Lety
17.01.18  Rassenhass – salonfähig seit 1990?
27.11.17  Regierung kauft offiziell Schweinemast in Lety
07.11.17  Uno: Tschechien muss schleichendem Anstieg von Hass begegnen
24.10.17  Bereit zur Übergabe der Geschäfte
01.08.17  Ehemaliges Roma-KZ Lety: Grünes Licht für Aufkauf des Mastbetriebs
17.07.17  Endlich sitzen bleiben: Verfassungsgericht kippt diskriminierende Verordnungen
Archiv

Meistgelesene Artikel
54360   26.02.00 Geschichte und Herkunft der Roma
51276   26.02.00 Die traditionelle Lebensart der Roma
49240   26.02.00 Traditionelle Berufe der Roma
46991   26.02.00 Familie
44584   26.02.00 Jugend
38755   26.02.00 Kindheit
37164   26.02.00 Erwachsenenalter
36835    Geschichte der Roma auf dem Gebiet der Tschechischen Republik
33022   26.02.00 Die Situation der Roma nach 1989
32249   26.02.00 Alter
Copyright © Český rozhlas / Czech Radio, 1997-2023
Vinohradská 12, 120 99 Praha 2, Czech Republic
E-mail: info@romove.cz