Roma-Ghettos: Rat für Roma-Angelegenheiten fordert systematische Lösung
In der Tschechischen Republik gibt es nach einer neuen Analyse über 300
Roma-Armenviertel oder -häuser, bis zu 80.000 Menschen leben hier, über 90
Prozent von ihnen sind arbeitslos. Radio Prag hat bereits berichtet
(Tagesecho vom 7.9.). Auf einer außerordentlichen Sitzung hat der Rat für
Roma-Angelegenheiten jetzt Stellung zu den alarmierenden Erkenntnissen
bezogen und an die tschechische Regierung appelliert, sich systematisch um
eine Lösung des Problems zu bemühen.
"Es muss endlich Schluss sein mit Experimenten im Bereich der
Roma-Problematik" , sagt Jana Horvathova, Mitglied des Regierungsrates
für Roma-Angelegenheiten und Direktorin des Roma-Museums in Brünn.
"Jetzt ist es an der Zeit, eine wirkliche Lösung zu finden - und
klare Anhaltspunkte dafür liegen nun vor."
Die detaillierte Analyse, die der Soziologe Ivan Gabal und sein Team von
der Gesellschaft GAC im Auftrag des Arbeitsministeriums angefertigt und
vergangene Woche der Öffentlichkeit präsentiert haben, untermauert die
jahrelangen Bemühungen und Appelle des Rates für Roma-Angelegenheiten
erstmals mit konkreten Fakten.
Ganz konkret sind auch die Forderungen, die sich daraus an die Regierung
ergeben. Jana Horvathova:
"Vor allem empfehlen wir, dass sich das Kabinett um systematische
Änderungen im Bereich der Bildungs- und Beschäftigungspolitik bemüht. Das
gegenwärtige Bildungssystem reproduziert die soziale Ausgrenzung der Roma.
Wir fordern daher, dass sich die Regierung um die Integration von
Roma-Kindern kümmert. Weiter fordern wir, dass Langzeitarbeitslose künftig
besser motiviert werden, Arbeit zu suchen. Und wir wollen, dass Betriebe
mit über 25 Beschäftigten per Gesetz die Auflage erhalten, einen
arbeitslosen Rom einzustellen - eine ebensolche Auflage müssen Betriebe ja
bereits im Fall von Behinderten erfüllen."
Das Hauptproblem, so räumt der Menschenrechtsbeauftragte Svatopluk Karasek
ein, sei allerdings nicht der mangelnde Wille der Regierung:
"Manchmal will die Gemeinde die Roma nicht. Und was dann? Der
Gemeinderat sagt: Nein, wir machen gar nichts mit den Roma, die sollen
wegziehen. Und wir haben keine Instrumente, die Gemeinde dazu zu bringen,
dass sie etwas mit dieser Minderheit machen und ihr helfen müssen."
Der Rat für Roma-Angelegenheiten fordert daher, die Kommunen künftig
stärker in die Pflicht zu nehmen. Jana Horvathova:
"Es wäre nötig, das Gesetz über die Kommunen zu novellieren, so dass
künftig ganz klar festgelegt ist, welche Kompetenzen die Kommunen haben,
so dass die Zahl der Armenviertel nicht weiter durch die Gemeinden erhöht
wird."
Noch ist wegen der neuen personellen Situation im Regierungsamt unklar,
wer der konkrete Ansprechpartner für diese Appelle sein wird. Die
Vertreter des Rates für Roma-Angelegenheiten sind jedoch optimistisch,
dass mit Hilfe der Analyse von Ivan Gabal endlich ein Durchbruch in der
Lösung der Roma-Problematik gelingt.
|