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Ultrarechte Nationalpartei errichtet "Gedenkstein" auf ehemaligem KZ-Gelände
17-01-2006 - Silja Schultheis

Seit Jahren fordern Roma-Organisationen die Beseitigung eines Schweinemastbetriebes auf dem Gelände des ehemaligen Roma-Konzentrationslagers im südböhmischen Lety. Statt einer würdigen Gedenkstätte für die über 300 Opfer gibt es dort bislang nur einen provisorischen Gedenkstein. Während die tschechische Regierung bislang nur ein äußerst schleppendes Tempo vorlegte, um das Problem zu lösen, hat jetzt die ultrarechte Nationalpartei Initiative ergriffen - und damit eine Welle von Protesten ausgelöst.

Stein mit der knappen Aufschrift 'Obetem' - 'den Opfern' (Foto: CTK) Auf den ersten Blick scheint es nicht nachvollziehbar, warum ein Stein mit der knappen Aufschrift "obetem" (den Opfern) als Provokation empfunden wird. Wüsste man nicht, wer hinter der Initiative steht und mit welchen Absichten. Die rechtsextreme Nationalpartei (Narodni strana) will zwar mit dem Stein offiziell den Opfern des Zweiten Weltkriegs gedenken, die Roma, die in dem Lager ums Leben kamen, sind damit jedoch nicht gemeint. Denn, wie die Parteivorsitzende Petra Edelmannova unlängst der Presse sagte, seien unter den Lagerinsassen auch viele "Asoziale" gewesen, die keine Gedenkstätte verdient hätten. Überdies bestreitet die Nationalpartei, dass sich in Lety überhaupt ein Konzentrationslager befand, wie historische Quellen belegen. Petr Elias, Generalsekretär der Nationalpartei:

"In diesem Arbeitslager wurde niemals irgendein Mensch gequält und niemand ist dort einen gewaltsamen Tod gestorben. Deshalb stört es mich, wenn man hier von Konzentrationslager, Folter und Hinrichtung spricht."

Mit dieser Auffassung begibt sich die Nationalpartei auf ein völlig inakzeptables Diskussionsniveau, meint Svatopluk Karasek, der Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, der bislang für die Lösung des Problems verantwortlich war:

Stein mit der knappen Aufschrift 'Obetem' - 'den Opfern' (Foto: CTK) "Die Diskussion, ob wir das Lager in Lety als Konzentrationslager oder als Arbeitslager bezeichnen sollen, ist absurd, denn hier wurden unschuldige Menschen aus rassistischen Gründen zur Zwangsarbeit gezwungen - mit dem Ziel, sie dadurch zu vernichten. Das hat Simon Wiesenthal über das hiesige Lager gesagt und damit stimme ich vollkommen überein."

Ursprünglich wollte die Nationalpartei auch auf dem Gedenkstein eine Aufschrift platzieren, die die Existenz des Konzentrationslagers bezweifelt. Davon hat sie jetzt offenbar aufgrund zahlreicher Proteste abgelassen. Die offizielle Begründung, warum sie diesen Stein überhaupt errichtet ist die, dass man für die Errichtung eines Denkmals ihrer Meinung nach keine Steuergelder in Höhe von mehreren hundert Millionen Kronen notwenig sind - soviel würde die Beseitigung der Schweinefarm kosten. Roma-Organisationen, Politier und Vertreter von Menschenrechtsgruppen protestieren gegen die Initiative der Nationalpartei und erwarten, dass die Polizei die für Samstag geplante Enthüllung des Gedenksteins verbietet. Die Nationalpartei hingegen beruft sich auf die Genehmigung der Gemeinde, die der dortige Bürgermeister jedoch nicht bestätigte.



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