Drei Neonazis zu Haftstrafen wegen brutalem Überfall von Roma-Familie
verurteilt
Im nordmährischen Jesenik wurden Ende vergangener Woche drei junge Männer
zu Freiheitsstrafen zwischen drei und viereinhalb Jahren verurteilt, weil
sie im Juni 2003 eine schwangere Roma-Frau und ihren Mann brutal
überfallen und schwer verletzt haben.
Wenn Lucie Zigova in ihrer kleinen Wohnung in Jesenik Fenster putzt, muss
sie zunächst einen schweren Schrank beiseite schieben. Seit fast
zweieinhalb Jahren macht er das Zimmer zwar erheblich dunkler, vermittelt
der Familie Zigov aber wenigstens annähernd ein Gefühl von Schutz. Damals,
im Juni 2003, hatten sich in den frühen Morgenstunden drei junge kahl
geschorene Männer als Polizisten ausgegeben und so Einlass in die Wohnung
verschafft. Dann fügten sie Jan Zigov mit einer leeren Flasche
Schnittwunden im Gesicht und auf der Brust zu, seine schwangere Frau bekam
einen Pflasterstein ins Gesicht und ist seitdem auf dem linken Auge so gut
wie blind. Vor allem aber hat der Überfall bei ihr ein schreckliches
Trauma hinterlassen:
"Ich fürchte mich sehr, habe vor allem und jedem Angst. Dieses
Erlebnis ist einfach immer gegenwärtig, ich sehe im Traum und überall, wie
mich jemand anbrüllt."
Als Motiv für den Überfall gaben die Täter selbst Hass gegen die
Roma-Minderheit an. Nach der ersten Gerichtsverhandlung erhielten sie im
Januar 2004 zunächst nur Bewährungsstrafen. Da der Fall aber in ganz
Tschechien für große Aufmerksamkeit sorgte, wurde er erneut verhandelt.
Ein Grund dafür war auch, dass die bleibenden Schäden, die Frau Zigova
erlitten hat, zunächst nicht in vollem Ausmaß bekannt waren. Grund für das
zunächst nur geringe Strafmaß sei aber auch gewesen, dass sich der erste
Richter in seinem Urteil von der allgemeinen Stimmung in Jesenik
beeinflussen ließ, meint Karel Holomek, Vizevorsitzender des
Regierungsrates für die Belange der Roma-Minderheit:
"Die Bürger von Jesenik haben die Tätigkeit dieser jungen Menschen,
die ohne Zweifel Neonazis sind, nicht verurteilt und so hat der Richter
damals auf sehr verharmlosende Weise entschieden."
Über das jetzige Urteil sind die Zigas zwar erleichtert, die Angst ist
dadurch aber nicht weg. Denn immer noch dominiert in Tschechien vielerorts
Intoleranz gegenüber der Roma-Minderheit. Karel Holomek:
"Solchen Vorfällen wird bei uns nicht der nötige Ernst beigemessen.
Die jüngsten Ereignisse in Frankreich zeigen, wie wichtig die
Beschäftigung damit ist. Entscheidend sind nicht die Gerichtsurteile,
sondern wie die Gesellschaft dieses Problem wahrnimmt. Und inwieweit die
Autoritäten in der Lage sind, das gesellschaftliche Klima so zu
beeinflussen, dass solche Taten verachtet werden."
Initiativen wie die Anti-Rassismus-Kampagne der Regierung seien ein
richtiger Schritt in diese Richtung, so Holomek.
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