"Stempel´ mich nicht ab!" - 6. Regierungskampagne gegen Rassismus
Einen ungewohnten bot Anblick am Mittwoch die Sitzung des tschechischen
Regierungskabinetts. Statt mit Schlips und Kragen konnten die
Fernsehzuschauer ihre Minister im T-Shirt sehen - kein neu eingeführter
"casual wednesday", sondern Teil der Regierungskampagne gegen
Rassismus "Toleranz 2005", zu der am Mittwoch im Regierungsamt
eine Zwischenbilanz gezogen wurde. Thomas Kirschner war dabei.
"Stempel´ mich nicht ab!", lautet übersetzt der Aufdruck der
regierungsfähigen T-Shirts. Die Menschen dazu zu bringen, ihr eigenes
"Abstempeln", ihre Vorurteile gegenüber dem Fremden zu
überprüfen, das ist das Ziel des diesjährigen sechsten Jahrgangs der
Regierungskampagne gegen Rassismus. Premierminister Jiri Paroubek
erinnerte dabei an das schlechte Erbe der Vergangenheit, das es zu
überwinden gilt.
"Unter dem vergangenen Regime gab es in der Gesellschaft kaum Kontakt
zu anderen Ethnien, zu Menschen aus anderen Weltteilen. Aus der
Abgeschlossenheit der Gesellschaft hat sich ein Klima entwickelt, in der
das Fremde automatisch zum Verdächtigen wurde. Und diese Muster müssen wir
durchbrechen - das ist der Sinn dieser Kampagne."
Auf Plakaten und - passend zum Motiv des Abstempelns - Briefmarken werden
Angehörige von Minderheiten vorgestellt, die ein Leben inmitten der
tschechischen Gesellschaft führen - als Verkäuferin, Schauspieler oder
Busfahrer. Die Botschaft: Das Fremde liegt vor allem in unserem Blick.
Fortbildungsveranstaltungen und auch Projekte mit den Minderheiten
ergänzen traditionell das Programm. Koordiniert wird es von dem
Menschenrechtsbeauftragen der Regierung, dem Pfarrer und ehemaligen
Dissidenten Svatopluk Karasek. Die Wirkung der Kampagne sieht er vor allem
im Langfristigen:
"Ich als Pfarrer bin es nicht gewohnt, Erfolge zu ernten. Wir säen,
und die Ergebnisse sehen wir oftmals nicht sofort. So ist das auch bei
dieser Kampagne. Welche Früchte sie trägt, lässt sich von uns nur schwer
beurteilen. Aber ich meine, und das wurde hier auch gesagt, dass die
Situation immer besser wird. Die junge Generation ist nicht mehr so
begrenzt in ihren Meinungen und Ideen. Sie sind internationaler, und diese
Offenheit ist spürbar."
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