Konferenz zum Genozid an den Roma im Protektorat Böhmen und Mähren
Der Genozid an den Roma im Protektorat Böhmen und Mähren - an vielen
tschechischen Schulen nach wie vor ein totgeschwiegenes Thema. Bei den
Lehrern das Bewusstsein für dieses Thema zu schärfen, war Ziel einer
Konferenz in Zlin am 6. Oktober.
Insgesamt 6.500 Roma lebten bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im
Protektorat Böhmen und Mähren, die meisten von ihnen wurden 1942 von den
Nationalsozialisten interniert und anschließend in Vernichtungslager
deportiert. Nur knapp zehn Prozent von ihnen haben den Holocaust überlebt.
Traurige Fakten, die heute kaum ein tschechischer Schüler in der Schule
vermittelt bekommt. Schuld daran sind in erster Linie das Unwissen der
Lehrer und unzureichende Unterrichtsmaterialien, meint Jan Rad von der
Vereinigung jugendlicher Roma in der Tschechischen Republik, einer der
Veranstalter der Konferenz:
"Ich denke, die Lehrbücher, die bislang benutzt werden, sind veraltet
und nicht aktualisiert. Und gerade dieses Thema, der Genozid an den Roma,
fehlt in den Gesellschaftswissenschaften."
Zwar gibt es bereits seit mehreren Jahren ein spezielles Lehrbuch zur
Geschichte der Roma in Böhmen und Mähren. Die Auflage sei aber sehr klein
und die meisten Schulen wüssten nicht, wo sie es beziehen können. Ein
wichtiger Teil der Konferenz in Zlin ist daher die Präsentation von
Unterrichtsmaterial - in erster Linie pädagogisch aufbereiteten
Dokumentarfilmausschnitten über den Roma-Genozid. Entscheidend, so Jan
Rad, sei dabei der lokale Bezug. Der Kreis Zlin sei während des Zweiten
Weltkrieges ein Sammellager für Roma gewesen, die später nach Auschwitz
deportiert wurden, und diese Tatsache, dass in ihrer eigenen Heimat der
Genozid an den Roma vorbereitet wurde, sollte man den Lehrern und Schülern
unbedingt ins Gedächtnis rufen, meint Jan Rad:
"Sie leben in diesen Gemeinden und ich denke, das spricht sie
wesentlich mehr als wenn sie das KZ Auschwitz für sich genommen betrachten
würden."
Der Kreis Zlin - Sammellager für Auschwitz, so auch der Titel einer
Ausstellung, die die Vereinigung jugendlicher Roma in der Tschechischen
Republik vor zwei Jahren veranstaltet hat und auf deren Grundlage die
jetzt vorgestellten Unterrichtsmaterialien entstanden sind.
Eingeladen waren zu der Konferenz in Zlin vor allem Lehrer von Grund- und
Mittelschulen aus dem Kreis Zlin. Denn wie so oft, wenn in der Geschichte
grausame Verbrechen geschehen sind, richten sich die Hoffnungen ganz auf
die jüngere Generation, die man durch frühzeitige Aufklärung davor
bewahren will. Mit der Konferenz an der Zliner Tomas Bat'a-Universität, so
darf man hoffen, ist diese Aufklärung ein Stück vorangetrieben worden.
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