EU fordert Abriss von Schweinefarm auf ehemaligem KZ-Gelände
Die Integration der Roma in der EU und insbesondere in den neuen
Mitgliedsländern muss verbessert, gegen Diskriminierung in allen Bereichen
des öffentlichen Lebens angegangen werden. So das Ziel einer Resolution,
die das Europäische Parlament in der vergangenen Woche verabschiedet hat.
Für Tschechien bedeutet die Resolution die Rückkehr einer jahrelangen
Debatte. Mehr von Silja Schultheis.
Neben dem allgemeinen Appell, die Lebenssituation der Roma zu verbessern
fordert das Europäische Parlament konkret von Tschechien die Beseitigung
einer Schweinefarm auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers
Lety bei der südböhmischen Stadt Pisek. Der grüne Europa-Abgeordnete Milan
Horacek betonte in seiner Stellungnahme, dass durch den Abriss der noch von
den Kommunisten errichteten Farm die fortwährende Demütigung der Roma
beendet würde. Auf dem Gelände solle eine würdige Gedenkstätte errichtet
werden. Ein Anliegen, das der neue tschechische Regierungschef Jiri
Paroubek grundsätzlich begrüßt. Allerdings:
"Moralisch begreife ich die Sache selbstverständlich als sehr wichtig
und wenn es einfach zu lösen wäre, das heißt wenn es keine Unsummen kosten
würde und vor allem technisch machbar wäre, das Grundstück überhaupt zu
erwerben, sollten wir das schnell in Erwägung ziehen. Aber das haben schon
einige Regierungen vor uns probiert."
Die Schweinefarm befindet sich auf einem Privatgrundstück und ihre
Beseitigung könnte möglicherweise eben jene erwähnten Unsummen kosten.
Genau an dieser Frage waren auch die bisherigen Verhandlungen zu diesem
Thema gescheitert. Die Gesellschaft AGPI Pisek, die die Farm betreibt,
hatte bereits Ende der 1990er Jahre eingeräumt, sie sei bereit, das
Gelände des ehemaligen KZ zu verlassen, wenn ihr ein anderes Grundstück
zur Verfügung gestellt würde.
Im Konzentrationslager Lety kamen während des Zweiten Weltkriegs 326 Roma
ums Leben, die Hälfte davon Kinder.
Dass jetzt von europäischer Ebene der Aufruf kommt, ihrer würdig zu
gedenken, darin sehen viele tschechische Roma eine große Chance. Zdenek
Ruzicka aus dem Ausschuss für die Entschädigung von Holocaust-Opfern:
"Natürlich haben wir Roma die Resolution mit Begeisterung
aufgenommen, insbesondere die ehemaligen Opfer des Konzentrationslagers
und ihre Angehörigen. Und wir haben die große Hoffnung, dass wir unserer
Vorfahren endlich an einem würdigen Ort gedenken können und nach unseren
Vorstellungen."
Nach Meinung des tschechischen Präsidenten Klaus (ODS) sollte sich die
Europäische Union aus dem Problem der Schweinefarm heraushalten, da die
Mehrheit der Europa-Abgeordneten nicht über die nötigen Informationen zu
dem Thema verfüge. Und die neun ODS-Europaparlamentarier stimmten
konsequent gegen die Resolution - weil sie es diskriminierend finden, dass
in der Resolution als einziges konkretes Beispiel für Roma-Diskriminierung
Tschechien und seine Schweinefarm in Lety genannt wird.
|