Museum für Roma-Kultur
Einer spezifischen Kultur einer spezifischen Ethnie gilt der heutige
Kultursalon. Nämlich der Kultur der Roma. Wir besuchen heute das
"Museum für Roma-Kultur" in Brno/Brünn und laden seine
Direktorin, Frau Dr. Jana Horvathova, ans Mikrophon ein. Sie berichtet
darüber, was man im Museum künftig plant und was dort bereits heute, in
der Aufbauphase, zu besichtigen ist.
Das "Museum für Roma-Kultur" in Brno ist eine einmalige
Institution dieser Art in der Welt, betont Frau Dr. Jana Horvathova:
"Es existiert kein anderes Roma-Museum in der Welt. Es gibt nur
einige Roma-Abteilungen in anderen Museen. In der Slowakei arbeiten im
Rahmen von zwei Museen kleine Abteilungen für die Roma-Kultur. Eine
ständige Ausstellung über Roma-Kultur befindet sich im regionalen Museum
im polnischen Tarnow. Dabei handelt es sich jedoch um ein ethnographisches
Museum, das der polnischen Volkskultur gilt, und die Roma sind also nur
ein Teil davon."
Mit diesen Worten fasste Jana Horvathova die internationale Lage zusammen.
Und wie sieht es in Brno aus?
"Unser Museum dagegen orientiert sich an einer globalen Dokumentation
der Geschichte und Kultur der Roma, und zwar ohne Rücksicht auf politische
Grenzen. Wir bemühen uns, die ganze ethnische Gruppe zu dokumentieren, die
die politische Aufteilung in Länder nie besonders respektiert hat. Wir
interessieren uns für Roma in der ganzen Welt, aber mit Hinblick auf
finanzielle Möglichkeiten führen wir unsere Dokumentationsarbeit derzeit
eher auf dem Gebiet der ehemaligen Tschechoslowakei durch."
Wie Frau Direktorin uns erklärte, will das Museum keine
Interessenorganisation sein, sondern stellt sich als Aufgabe, eine
wissenschaftliche Organisation zu sein, in der die Kultur der Roma auf
hohem fachlichen Niveau verarbeitet wird. Die geplante ständige
Ausstellung befindet sich noch im Aufbau. Besucher der Web-Seiten des
Museums - www.rommuz.cz
- finden den Hinweis, das Projekt sei
"finanziell gefährdet". Auch deswegen steht auf dieser Seite
eine Kontonummer. Mit einer Spende kann also jeder zur Entstehung der
Ausstellung beitragen. Bisher lösen sich verschiedene kurzfristige
Ausstellungen im Museum ab. Die letzte hieß "Wanderung auf
Bildern", mit dem Untertitel "Die Roma in der bildenden Kunst
des 17. - 20. Jahrhunderts". Sie zeigte Werke renommierter Künstler,
die nicht Roma waren, aber doch die Roma-Thematik in ihrem Schaffen
verarbeiteten. Das Museum bietet aber auch eine umfangreiche
spezialisierte Bibliothek zur Roma-Problematik und organisiert
verschiedene Vorlesungen, Diskussionsrunden und Filmvorführungen. Eine
Gedenkfeier hat kürzlich direkt im Museum an ein trauriges Ereignis in der
Geschichte der mährischen Roma erinnert.
"Es handelt sich um den 7. März. Das ist der Tag, an dem im Jahr 1943
die Nazis den ersten und größten Transport mährischer Roma ins
Konzentrationslager Auschwitz 2 - Birkenau schickten. Roma aus ganz Mähren
hatten sich damals an einem einzigen Ort in Brno versammelt, und zwar auf
dem Gelände des städtischen Schlachthofs. Dort fanden alljährlich
Gedenkveranstaltungen zu diesem traurigen Ereignisses statt, auch eine
Gedenktafel wurde dort platziert. Das Gebäude wurde jedoch abgerissen, und
deswegen finden die Gedenkfeiern nun bei uns statt."
Eine sehr erfolgreiche Ausstellung wurde im Museum im Jahre 1997
vorbereitet. Unter dem Titel "Die Welt mit den Augen der Roma"
wandert sie seitdem durch die Welt.
"Ich stand als Kuratorin im Jahre 1997 bei der Geburt dieser
Ausstellung Pate. Damals haben wir eine Sammlung der Werke von
nichtprofessionellen Roma-Künstlern vorbereitet. Wir haben eine erste
Version der Ausstellung gemacht, die in verschiedenen Institutionen in
Brno und Umgebung gezeigt wurde. Bald zog sie nach Wien, und dann startete
ihre große Reise durch die Tschechische Republik und ins Ausland - in die
USA, nach Skandinavien, und zurzeit findet sie nicht weit von Amsterdam,
in der Galerie der bildenden Künste der Stadt Delft statt. Sie wird bald
zu uns zurückkehren und ihre letzte Station wird in unserem Museum im
letzten Quartal dieses Jahres sein. Dabei wird es sich um die
umfangreichste Version handeln, weil wir unsere Sammlung seit den sieben
Jahren, in denen die Ausstellung existiert, wesentlich erweitert
haben."
Mit diesem Sammeln der Kunstwerke von Roma-Autoren und weiterer
Gegenstände arbeiten Museumsmitarbeiter allmählich an der Entstehung einer
ständigen Museumsausstellung, die das Leben und die Kultur der Roma
dokumentieren wird. Über die Konzeption spricht die Museumsdirektorin,
Jana Horvathova.
"Den Kern unserer Sammlung bildet die Dokumentation traditioneller
Handwerke, Professionen und Berufe der Roma. Einen Teil bilden daher
Bereiche der Metallbearbeitung, typische Berufe waren besonders Schmiede,
Kesselschmiede und Hersteller von Kupfergefäßen, weiter natürlich
Zinngießer, Schleifer und Drahtbinder."
Ein weiterer typischer Bereich, in dem die Roma tätig waren, war die
Holzverarbeitung - Herstellung von Holzgeschirr und Bestecken, und des
weiteren Korbflechten.
"Und dann auch Professionen im Bereich der Unterhaltung. Die Roma
waren als Bärenführer bekannt, und auf dem Balkan widmen sie sich dieser
Tätigkeit bis heute. Auch die Dressur von Affen und andere
Unterhaltungsbereiche. Roma waren nicht nur Straßenmusiker, sondern auch
Gaukler, Artisten, die entweder einen kleinen Zirkus besaßen oder zu einem
anderen, größeren gehörten. Und sie spielten auch Puppentheater."
Kartenlegerinnen und Seherinnen. Das ist eine weitere Assoziation, die
sich besonders mit Roma-Frauen verbindet. Das Museum dokumentiert auch die
Magie der Roma, und zwar in zwei Richtungen.
"Erstens im Verhältnis zu den Nichtroma, d.h. als Instrument zum
Geldverdienen. Diese Magie unterschied sich von der, die sie innerhalb
ihrer Gruppe geltend machten. Hier glaubten sie wirklich an jene
Magiepraktiken."
Roma hatten z.B. oft ihrem Schmuck, den sie verehrten, eine magische Kraft
zugeschrieben. Besonders die Kraft, dass sie durch diese Silber- und
Goldjuwelen mit ihren verstorbenen Verwandten verbunden sind, von denen
sie den Schmuck zumeist bekommen haben. Zum Beispiel wurden Ringe vom
Vater auf den Sohn vererbt. Und des Weiteren besaß Schmuck in den Augen
vieler Roma eine Schutz- und Heilkraft: Goldschmuck, so glaubten die Roma,
könne vor unreinen Mächten schützen. Gerade dieser Schmuck, ein sog.
Roma-Schatz, soll künftig auch im Museum in Brünn zu besichtigen sein.
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