Polizei gelingt Fahndungserfolg im Kampf gegen Neonazis
Die Rechtsradikalen in Tschechien treten öffentlich nicht sehr häufig in
Erscheinung. Vor einer breiteren Öffentlichkeit machten sie sich im Sommer
letzten Jahres lautstark bemerkbar. Damals versuchten sie die Unruhen im
Schluckenauer Zipfel in Nordböhmen für ihre Ziele zu nutzen. Am Dienstag
weckte jedoch eine neue Information über das tschechische Neonazi-Milieu
die Aufmerksamkeit der Medien.
Ende März führte die tschechische Polizei an einigen Orten der Republik
Razzien gegen Rechtsradikale durch. Der Sprecher der Abteilung zur
Aufdeckung des organisierten Verbrechens, Pavel Hanták:
„Wir haben neun Personen festgenommen. Die Mehrheit davon sind Anhänger
von Combat 18, dem militanten Flügel der in Tschechien wieder gegründeten
Zweigstelle des rechtsradikalen Netzwerks Blood and Honour. Sie wurden
beschuldigt, für eine gegen die Unterdrückung der Menschenrechte und
Freiheiten gerichtete Bewegung Propaganda zu machen. Weitere
Beschuldigungen stehen zudem noch aus.“
Zwei der Beschuldigten verdächtigt die Polizei zudem, Ende Februar einen
Brandanschlag auf ein Wohnheim im westböhmischen Aš / Asch durchgeführt
zu haben, in dem überwiegend Roma leben. Als Polizisten die beschuldigten
Mitglieder der Neonazi-Gruppierung auf eine eventuelle Straftätigkeit hin
untersuchten, haben sie neue, höchst wichtige Informationen gefunden.
Pavel Hanták:
„Uns steht Material zur Verfügung, aus dem eindeutig hervorgeht, dass
diese Gruppierung mit dem Gedanken spielte, Angriffe gegen konkrete
Personen und konkrete Ziele in Tschechien durchzuführen. Bei den
Fahndungen haben wir zahlreiche Werbegegenstände mit Nazi-Symbolik und
Neonazi-Thematik gefunden. Bei den Razzien wurden neben Stichwaffen auch
illegal im Besitz gehabte Schusswaffen beschlagnahmt. Alle gefundenen
Waffen werden noch von Experten untersucht. Es interessiert uns auch, ob
mit ihnen in der Vergangenheit nicht die eine oder andere Straftat begangen
wurde.“
Der Politologe Miroslav Mareš von der Brünner Masaryk-Universität ist
Experte für Extremismus. Seinen Worten zufolge spielt für die Motivation
von Leuten, mit den Neonazis zu sympathisieren, auch die Atmosphäre in der
Gesellschaft eine Rolle:
„Es geht oft um eine Kombination von persönlichen Motiven mit der
allgemein herrschenden Stimmung in der Gesellschaft. Ein Teil der Anhänger
der Rechtsradikalen bemüht sich, in einer Extremisten-Gruppierung ihre
Kraft und Autorität zu demonstrieren, die sie anderswo nicht zur Geltung
bringen würde. Die Atmosphäre in der Gesellschaft, die Überzeugung, dass
die Demokratie schlecht sei, sowie die zahlreichen Korruptionsaffären, die
es gibt, spielen eine wesentliche Rolle. Einige der jungen Menschen
schließen sich den Rechtsradikalen an, nachdem sie in ihrer Kindheit eine
negative Erfahrung mit jungen Roma gemacht hatten. Dies alles sind Gründe
dafür, warum sich jemand einer rechtsradikalen Gruppierung anschließt.“
Die Polizei nimmt an, dass die festgenommenen Neonazis auch in weitere
Straftaten verwickelt waren. Den Beschuldigten drohen drei bis zu zehn
Jahre Haft.
|